„Du darfst einen Verführer nicht öffentlich angreifen, wenn Du ihn nicht zuerst persönlich gesprochen und ermahnt hast!“
Oftmals wird uns Brüdern, die wir öffentlich gegen falsche Lehrtendenzen und Entwicklungen in der Gemeinde Stellung beziehen, dieser Vorwurf gemacht: „Hast Du, wie es Matthäus 18 sagt, Deinen Bruder zuerst unter vier Augen gesprochen? Wenn nicht, hast Du kein Recht, gegen ihn vor anderen etwas zu sagen!“ Nun, eine solches „Gesetz“ würde in der Tat die allermeiste Aufklärungsarbeit zunichte machen. Die betroffenen Brüder müßten viel Zeit und Geld investieren, um vor jedem Artikel womöglich in die USA zu fliegen und sich um ein persönliches Gespräch mit Rick Warren, Robert Schuller oder Max Lucado zu bemühen, bevor sie ein Wort über gewisse Entwicklungen sagen dürften. Aber ist der Hinweis auf Matthäus 18 wirklich berechtigt? Dort lesen wir:

Es geht also hier darum, dass ein echter Gläubiger an mir persönlich gesündigt hat. Dann sollte ich diesen biblischen Weg einschlagen, bevor ich seine Sünde öffentlich mache. Doch wenn jemand in der Gemeinde als Lehrer oder Prophet auftritt und öffentlich Dinge verkündigt, dann liegt hier eine ganz andere Situation vor. Wenn es sich dabei um Irrtümer, schädliche Lehren oder gar verderbliche Irrlehren handelt, dann bin ich berechtigt und verpflichtet, dies genauso öffentlich zu widerlegen und richtigzustellen.
Das sehen wir sogar in bezug auf den Apostel Petrus, als er in Antiochia den falschen Lehren der Judaisten nachgab. Der Apostel Paulus wies seinen Mitapostel öffentlich, „vor allen“ zurecht (vgl. Gal 2,11-14). Gegenüber Timotheus gibt er die wichtige Anweisung, daß ein Ältester, der sündigte, „vor allen“ zurechtgewiesen werden sollte – wenn die Verfehlung öffentlich ist und viele beeinflußt, dann muß es auch die Zurechtweisung sein, damit der Schaden geheilt werden kann! (1Tim 5,20-21). Wenn dies schon für irrende Brüder gilt, wieviel mehr für Irrlehrer und Verführer, die die Gemeinde Gottes verderben wollen! Hier ist der Apostel Paulus sehr klar und scharf, wie wir immer wieder sehen (vgl. z. B. 2Kor 11,3-15; Gal 1,6-10; Gal 5,7-12; 2Tim 2,16-18; 2Tim 3,1-9).
„Du darfst keine Namen nennen, wenn Du Verführungsströmungen angreifst!“
Auch das ist ein scheinmoralisches, humanistisches Gebot, das der biblischen Wächterdienst erschweren oder gar unmöglich machen würde. Das Problem ist ja, daß Verführer nicht offen und aufrichtig über ihre Absichten informieren. Sie schleichen sich unbemerkt in die Reihen der Gläubigen ein (Judas 4; Gal 2,4), und ihre Arbeit tun sie im Verborgenen. Wenn man ihre Namen nicht nennen dürfte, könnten sie ihr Werk unerkannt tun und viele schädigen und verführen. Wenn man dagegen ihre Namen samt ihren Werken aufdeckt, dann sind die Gläubigen gewarnt und können sich dagegen rüsten.

Wir sehen bei dem Apostel Paulus, wie er in einigen Fällen Irrlehrer und falsche Christen beim Namen nennt: Hymenäus und Alexander (1Tim 1,19-20); Phygellus und Hermogenes (2Tim 1,15); Hymenäus und Philetus (2Tim 2,16-18); Alexander der Schmied (2Tim 4,14-15). Auch wir dürfen und müssen Leute beim Namen nennen, die in der Gemeinde verführerisch und zerstörerisch wirken. Das gilt in bestimmten Fällen auch für irrende Brüder, wie wir am Beispiel des Petrus oben gesehen haben.
„Du mußt immer zuerst das Gute hervorheben, das ein Verführer an sich hat, bevor Du etwas Negatives über ihn sagst!“
Hier wird etwas unzulässig verallgemeinert, was wir an den Sendschreiben des erhöhten Herrn in Offenbarung 2 bis 3 beobachten. Dort redet der Herr mit den Sendboten („Engeln“) der verschiedenen Gemeinden sehr ernst und zugleich liebevoll. Tatsächlich können wir sehen, daß er bei den meisten Sendschreiben (Ausnahme: Laodicäa!) zuerst das Lobenswerte der entsprechenden Gemeinde betont, bevor er das erwähnt, was zu tadeln ist. Ähnliches können wir in manchen Briefen des Apostels Paulus an Gemeinden beobachten, etwa in 1. Korinther 1, im Philipper- und Kolosserbrief. In anderen Briefen aber, besonders im Galaterbrief, finden wir dieses Muster nicht, und wir finden nirgends ein entsprechendes allgemeines Gebot.
Wenn diese Regel auch eine gewisse Bedeutung im Umgang mit wahren Gläubigen hat, so ist doch von der biblischen Lehre her ganz deutlich, daß das nicht für die Auseinandersetzung mit Irrlehrern und Verführern gilt. Falsche Propheten, falsche Lehrer und falsche Apostel sind nach der Lehre der Bibel nämlich keine Brüder, keine echten Kinder Gottes, sondern Werkzeuge des Teufels, die unter Gottes Gericht stehen. Genauso behandeln sie auch die Apostel und Diener des Herrn:

Die Beispiele könnten noch vermehrt werden. Ein Irrlehrer, eine Verführungsströmung hat nichts „Gutes“, „Lobenswertes“ an sich; wir dürfen gar nicht irgendwelche „Vorzüge“ an solchen Leuten suchen, sonst führen wir noch die Gläubigen in die irre und fördern das böse Geschäft der Betrüger. Deshalb ist es auch falsch, wenn manche Brüder Abhandlungen schreiben, in denen etwa „Zehn Stärken und zehn Schwächen der Charismatischen Bewegung“ aufgelistet werden. Eine Verführungsbewegung hat keine „Stärken“; man kann auch nicht sagen, es sei eine „Stärke“, wenn die Charismatiker viel beten oder „evangelisieren“, denn sie tun dies in schwarmgeistiger Weise. Genausowenig kann man sagen, es sei eine Stärke oder etwas Lobenswertes an den Zeugen Jehovas, daß sie so eifrig „evangelisieren“, denn sie verbreiten ein falsches Evangelium!
Wir handeln dagegen durchaus biblisch und geistlich, wenn wir sachlich und nüchtern, klar und scharf herausstellen, wie verderblich die Irrlehren solcher Leute sind. Das schließt jegliche fleischliche Überspitzung oder persönliche Polemik unter der Gürtellinie aus; so etwas ist des Herrn nicht würdig. Wir müssen in der Auseinandersetzung mit Irrlehrern beachten, was das Wort Gottes uns dazu sagt:

Was die Überzeugung irregeführter Gläubiger angeht, so haben wir auch hier eine beherzigenswerte Anweisung im Wort:

Im Gegensatz zu den selbstauferlegten Gesetzen der „evangelikalen Correctness“ sind die Anweisungen der Bibel geistlich und weise, sie unterscheiden zwischen irrenden Gotteskindern und Verführern; sie sind eine wertvolle Hilfe in dem so nötigen Kampf um den überlieferten Glauben, während die humanistischen Menschengebote diesen nur hindern und blockieren.