[ads_custom_box title=“1. Korinther 13, 10″ color_border=“#e87e04″]Wenn aber einmal das Vollkommene da ist…[/ads_custom_box]
Eine Studie über 1. Korinther 13, 8-13
Die Stelle 1. Korinther 13, 8-13 ist eine der schwierigsten im ganzen ersten Korintherbrief. Manche Lehren in diesem Text treten besonders deutlich hervor, z. B. die Sätze die Liebe hört niemals auf oder Weissagungen, Sprachen (Zungenreden) und Erkenntnis werden aufhören. Wenn man allerdings in die Details geht, so sind diese Lehren teilweise schwer verständlich, z. B.:
1. Was bedeuten die Erkenntnis und die Weissagung in Vers 9 im Einzelnen? Wird Erkenntnis jemals aufhören?
2. Was stellt das Vollkommene (= gr. TELEIOS) in Vers 10 dar?
3. Was soll man unter Stückwerk verstehen (V. 9-10)?
4. Was heißt es erkennen, gleichwie ich erkannt bin (Vers 12)?
Diese Fragen haben schon manche Verwirrung hervorgerufen. Ich möchte mich bemühen, nicht noch mehr Verwirrung hinzuzufügen. Die nachfolgenden Betrachtungen sollen vielmehr die Wahrheit und die Botschaft des Textes aufzeigen, ohne meine Gedanken oder Traditionen dem Text aufzuzwingen. Es soll mein Bestreben sein, die göttliche Wahrheit und nicht irgendeine unbiblische Tradition zu fördern. Dieser Aufsatz soll aufzeigen, dass man nicht umständlichen und geheimnisvollen Interpretationen folgen muss, sondern dass auch hier die göttliche Maxime gilt:
Nun wollen wir uns einmal den Text näher ansehen. Beginnen möchte ich mit einer Untersuchung der griechischen Übersetzung des Begriffes „das Vollkommene“ (TELEIOS):
Der Begriff Vollkommene (gr. TELOS bzw. TELEIOS) hat folgendes Bedeutungsspektrum:
- Kulminationspunkt
- Ziel, Ende, vollenden, zur Vollendung bringen, vollendet
- das Ende erreicht habend
- Vollkommen zum Ende oder Ziel gebracht,
- vollendet; vollständig (d.h. nichts mehr brauchend zur Vollendung). Bsp.: Mt. 5,48; Röm. 12,2; 1Kor. 13,10; Hebr. 9,11; Jak. 1,4; 3,2; 1Jo 4,18 u. a.
- erwachsen – ein Mensch, der vollendet ausgewachsen ist: reif, mündig und volljährig. 1Chr 25,8; 1Kor 2,6; 14,20; Eph 4,13; Phil 3,15; Kol 1,28; Hebr 5,14
- Abschluss, Vollendung
Vollkommen, Vollkommenheit:
Der Ausdruck „die Vollkommenheit erreichen“ wird oft gebraucht i. S. vom menschlichen Erwachsensein, wie auch vom Ausgewachsensein von Pflanzen usw.
Das Nomen TELOS wird abgeleitet von einer Wurzel TEL die herumdrehen bedeutet (z. B. das Steuer) und meint ursprünglich den Drehpunkt, das Scharnier, den Kulminationspunkt, an dem das eine Stadium endet und das andere beginnt; später das Ziel, das Ende. Von Bedeutung ist noch die Aussage über GOTT als ARCHE KAI TELOS, Anfang und Ende aller Dinge; nur Er fasst Anfang und Ende zusammen.
In der griechischen Philosophie hat TELOS vor allem die Bedeutung „Ziel“. Für die Vor-Sokratiker war das Ziel des Lebens, neben der Freude über das Schöne, die Zufriedenheit. Bei Plato und Aristoteles ist mit TELOS ein ethisches Ziel angestrebt, letztlich die Glückseligkeit. Im ethischen Bereich kann darum Plato den Begriff des Vollkommenen dem des Guten gleichsetzen.
In der Gnosis ist das „Vollkommensein“ der Terminus technicus im Mythos vom „erlösten Erlöser“. Er ist der „vollkommene Mensch“. Wer sich von ihm durch die wahre Erkenntnis retten lässt, ist der „vollkommene“ Gnostiker.
TELOS kommt in der LXX meist in adverbialen Verbindungen vor. Sehr oft hat dieses Wort die Bedeutung für immer (z. B. Hiob 20,7; Ps. 9,7; Hab. 1,4). Ausgehend von der Grundbedeutung „bis zum Schluss“ kann TELOS vollständig bedeuten (z. B. 2. Chr. 12,12) oder zeitlich verstanden für immer (z. B. Hiob 23,7). Einige Male wird EIS TELOS verwendet, wo sich im Masoretischen Text kein Äquivalent findet (z. B. 1. Mose 46,4; Hes. 15,4). Wichtig ist noch, dass TELOS mehrfach in Zeitangaben als Übersetzung vorkommt; es bedeutet dann Abschluss, Ende (vgl. 2. Sam. 15,7; 2. Kön. 8,3).
TELOS wird oft für das hebr. Verbum KÄLÄH gebraucht in der Bedeutung: zu Ende bringen, erfüllen (Ruth 2,21; Esra 9,1). Als religiöser Terminus kommt es pass. vor: sich (dem Dienst) weihen (4. Mo. 25,3.5; Ps. 105,28; vgl. Hos. 4,14). Weiterhin wird TELOS für „ganz“, „vollkommen“, „unversehrt sein“ verwendet. So wird es gebraucht vom Herzen, das GOTT ganz verpflichtet ist (1. Mose 6,9; vgl. 5. Mo. 18,13). Der Gedanke der Totalität zeigt sich auch in der Rede von einer totalen Entvölkerung (Jer. 13,19) oder im Ganzopfer (Richter 20,26; 21,4). Eine weitere Bedeutungen ist: die Schönheit vollkommen machen (Hes. 27,11). Weisheit 6,15 spricht vom Vollendetsein in Einsicht. In der rabbinischen Literatur bezieht sich TELOS meistens auf die „Tage der Ankunft des Messias, die dem Weltende vorgeordnet sind“.
Der Begriff in V. 9: das Vollkommene (gr. TELEIOS) hat folgende Bedeutungen:
Das Vorkommen von „TELOS“ im Neuen Testament
Corpus Paulinum
Paulus gebraucht TELOS in der Bedeutung „Endergebnis“, „Endgeschick“. Römer 6,2ff. nennt das zweifache Geschick, das den Menschen auf Grund seines Verhaltens treffen kann: Tod (V. 21) oder Leben (V. 22; vgl. Ps. 73,17). Nach Phil. 3,19 finden die Feinde des Kreuzes CHRISTI ihr Endgeschick im ewigen Verderben (vgl. auch 2. Kor. 11,15). Dreimal kommt TELOS in einer präpositionalen Verbindung vor 1.Kor. 1,8; 2. Kor. 1,13; 1. Thess. 2,16). In der Bedeutung „Ende“, d. h. Aufhören findet sich TELOS Röm. 10,4 (in Bezug auf das Gesetz); 2. Kor.3,13 (der Glanz auf dem Antlitz des Mose war im Verschwinden begriffen). 1. Kor. 10,11 handelt von den Enden der Zeit (vgl. 1. Kor. 7,29.31; 16,21). 1. Kor. 15,24 meint TELOS den Abschluss der eschatologischen Ereignisse (vgl. Mk. 13,7 Par.), den Zeitpunkt, an dem CHRISTUS Seinem VATER die Herrschaft übergibt.
TELOS als Ziel kommt vor in 1. Tim. 1,5. In Römer 13,7 bedeutet TELOS den Zoll bezahlen (Elberfelder Übersetzung 1871).
Weitere Bedeutungen:
Zum Ziel kommen (2. Kor. 12,9; Gal. 5,16)
Zum Ende bringen (Röm. 2,27; 2. Tim. 4,7; Apg. 20,24)
Reif, erwachsen (1. Kor. 2,6; 14,20; Phil. 3,15; Eph. 4,13; Kol. 1,28
Das, was GOTTES Willen ganz entspricht (Röm. 12,2 (vgl. 1. Mo. 6,9); Kol. 4,12.
Die Liebe wird das Band der Vollkommenheit genannt (Kol. 3,14)
Synoptiker
TELOS wird in den eschatologischen Reden JESU viermal verwendet als Terminus technicus für das Ende der Welt: Matth. 24,6 (par. Mk. 13,7); 24,14; Lk. 21,9. Auch kommt es mehrfach vor in der präpositionalen Verbindung, wobei an das Ende der Welt gedacht sein kann (Mt. 10,22: 24,13; Mk. 13,13), da dieses im Kontext (Mt. 24,6.14; Mk. 13,7) genannt wird. Die Wendung „ein Ende haben“, kommt zweimal vor: Mk. 3,26 (ein Reich, in dem Zwiespältigkeit herrscht, hat ein Ende, d. h. es hört auf zu bestehen; vgl. dazu Lk. 1,33: dem Reich CHRISTI ist kein Ende gesetzt); Lk. 22,37 (die Bestimmung JESU kommt zum Ende, da die Worte der Schrift – Jes. 53,12 – an Ihm erfüllt werden).
Das Adjektiv „TELEIOI“ kommt nur bei Matth. vor: 5,48 wird aufgerufen,
[ads_custom_box title=“Matthäus 5, 48″ color_border=“#e87e04″]vollkommen zu sein, wie der himmlische VATER vollkommen ist.[/ads_custom_box]
Jakobusbrief und Petrusbriefe
TELOS hat auch bei Jakobus die Grundbedeutung ganz. So ist man vollkommen, d. h. in keinem Punkt zurückbleibend (3,4), wenn man die Geduld durchhält. Jakobus nennt das Gesetz der Freiheit, mit der er das Gebot der Nächstenliebe meint (2,8), vollkommen (1,25), weil allein dieses den Menschen wirklich freimacht (vgl. Joh. 8,3ff; Gal. 5,13). Dass GOTTES Gaben vollkommen genannt werden können (1,17), ist selbstverständlich. Ganz, ohne fehl, ist nach Jakobus der Mensch, der sich im Wort nicht verfehlt (3,2). ETELEIOTHÄ meint demnach ganz werden: allein durch Werke wird der Glaube zur Ganzheit gebracht (2,22; vgl. V. 17.20). Sonst gebraucht Jakobus noch TELOS als Ausgang (5,11; vgl. Mt. 26,58) und TELEITE als erfüllen (eines Gesetzes 2,8; vgl. Lk. 2,39).
Der erste Petrusbrief verwendet TELOS als Ziel (1,9), als eschatologischen Terminus (4,7; vgl. Mt. 24,6 usw.), als Endgeschick (4,17; vgl. Röm. 6,2ff.) und in der Bedeutung „schließlich“ (3,8).
Der Hebräerbrief
Im Hebräerbrief kommt unsere Wortgruppe relativ am häufigsten vor. TELOS hat hier fast immer kultischen Klang im Sinne von „weihen“, „heiligen“, so dass man – wie der alttesamentliche Priester – vor GOTT treten kann. Der Hebräerbrief gebraucht das Verbum, um dadurch den Unterschied zu verdeutlichen zwischen CHRISTUS, Dem durch Leiden vollendeten (2,10) und ewig vollkommenen (7,28) Hohenpriester, Der so für die Seinen Urheber ewigen Heils sein konnte (5,9), und dem Priester des alten Bundes, der mit Schwachheit behaftet war (7,28), und dessen Opfer ihn nicht nach dem Gewissen vollenden konnten (9,9; s. auch 10,1). Nur CHRISTUS konnte durch ein einziges Opfer die Seinen vollenden (10,14). Keineswegs hat das Gesetz (7,19), d. h. das levitische Priestertum, diese Heiligung (7,11) gebracht. Darum nennt der Hebräerbrief auch das himmlische Heiligtum CHRISTI im Vergleich zum irdischen das vollkommenere (9,11).
Zweimal wird TELEIO nicht kultisch gebraucht: 11,40 besagt: die Glaubenszeugen des alten Bundes (V. 39) hatten die Vollendung noch nicht erreicht, denn diese ist erst durch CHRISTUS gegeben (vgl. 10,14); jetzt aber sind auch sie der Vollendung teilhaftig geworden (12,23). TELEION in der Bedeutung Erwachsener kommt in 5,14 vor; mit TELEIO (6,1) ist demgemäß derjenige Teil der biblischen Lehre gemeint, der für die Erwachsenen bestimmt ist (Ggs. ARCHÄ, Anfang: 5,12; 6,1). TELEIO steht in 12,2 neben ARCHÄGON. JESUS ist Anfänger und Vollender des Glaubens, d. h. Er hat nicht nur den Glauben bis zum Ende durchgehalten (vgl. 5,7f; 12,3), sondern auch den Grund des Glaubens gelegt (vgl. 1,3).
TELOS kommt zweimal vor in präpositionalen Verbindungen: 3,14 (dieselbe Wendung in V. 6 entstammt wahrscheinlich V. 14) und 6,11. Ferner bedeutet TELOS in 6,8 Ausgang und in 7,3 Ende.
Johanneisches Schrifttum
In Joh. 4,34; 5,36; 17,4 wird TELEIO verwendet, wo JESUS über die Werke des Vaters spricht, die Er zu vollbringen hat. Am Kreuz kann Er sagen, dass sie vollbracht sind (TETELESTAI 19,30; vgl. V. 28). Im hohenpriesterlichen Gebet bittet JESUS darum, dass die Seinigen vollendet werden zur Einheit (17,23), damit die Welt die Sendung CHRISTI erkennt (vgl. V. 21). In Joh. 19,28 wird das Verbum gebraucht von erfüllt werden der Schrift. TELOS kommt in einer präpositionalen Verbindung (Joh. 13,1) vor: JESUS hat die Seinigen bis zum Ende, d. h. vollkommen, ganz, geliebt.
In 1. Joh. wird viermal das Pass. TETELEIOMENÄ gebraucht in Bezug auf die Liebe. Die Liebe GOTTES ist zur Ganzheit gekommen, wenn Menschen Sein Wort bewahren (2,5) und ihre Nächsten lieben (4,12). Diese Liebe erreicht darin ihr Ziel, dass sie von Furcht am Tage des Urteils befreit (4,17; vgl. 2,28). Wer Furcht hat, wird nicht vollkommen durch diese Liebe bestimmt, denn die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus (4,18).
Die Offenbarung hat sechsmal TELEIO in der Bedeutung zu Ende bringen oder (Pass.) zu Ende gebracht werden. In 11,7 handelt es sich um das zu Ende bringen eines Zeugnisses; 15,1 kündigt die sieben letzten Plagen über die Welt an, in denen GOTTES Zorn zur Vollendung kommt (vgl. V. 8). Schließlich spricht Offb. 20 dreimal vom Ende des tausendjährigen Reiches (V. 3.5.7). Offb. 10,7; 17,7 handeln vom Erfüllwerden des Geheimnisses GOTTES bzw. der Worte GOTTES. Auch die Offenbarung hat TELOS in einer präpositionalen Verbindung (2,26), wo dazu aufgerufen wird, die Werke CHRISTI ständig festzuhalten.
Bewertung
Vergegenwärtigt man sich die theologische Funktion der Wortgruppe im NT, so kann man zwischen einem eschatologischen und einem anthropologischen Aspekt unterscheiden, der mit der spez. Bedeutungsrichtung von TELOS verbunden ist.
Im Vordergrund steht zunächst die eschatologische Funktion, dessen dynamischer, zielgerichteter Charakter durch den häufigen Gebrauch des Verbums noch unterstrichen wird. Dieser Aspekt tritt in den auf die zukünftige Vollendung gerichteten Partien der Synoptiker (vgl. die sog. synopt. Apokalypse, Mk. 13 parr.), der paulinischen Briefe (z. B. Phil. 3,19) und der Offenbarung besonders deutlich zutage. Wichtig ist dabei, dass das Ende nicht einfach als mechanisches Aufhören einer Bewegung verstanden wird, sondern als vollendender Abschluss eines dynamischen Prozesses, dessen Ziel zugleich die Verwirklichung seines Sinnes und Verwirklichung seines Sinnes und seiner Intentionen bedeutet.
Im Rahmen der individuell menschlichen Entwicklung meint TELOS den zur Reife gelangten, erwachsenen, mündigen Menschen (so besonders bei Paulus).
TO TELEION in 1. Korinther 13,10
Wie wir gesehen haben, drücken die Begriffe TELOS bzw. TELEION sehr unterschiedliche Dinge aus.
Es gibt eine Auffassung, die 1. Kor. 13,8-12 als bereits erfüllt ansieht. Nach ihr wird das Vollkommene (V. 10) auf die „vollkommene Offenbarung im NT“ gedeutet und das Stückwerk, der „Spiegel in einem dunklen Wort“ auf Prophetie, personal-direkte Erkenntnis-Inspirationen und ausgelegte Sprachenrede. Die letztgenannten Geistesgaben seien – zum Unterschied von den übrigen – der Gemeinde als Offenbarungsgaben nur für die Epoche der Entstehung des NT gegeben worden.
Meines Erachtens lässt sich diese Auffassung nicht mit den klaren Aussagen des Kontextes vereinbaren:
Es gibt keine einzige Bibelstelle (wie wir oben gesehen haben), die mit TELEIOS oder TELOS explizit das Wort GOTTES meint. Das bedeutet, dass die Begründung mit 1. Kor. 13,8.10 exegetisch äußerst schwach ist, da sie den biblischen Kontext völlig außer Acht lässt. Auch in den Kapiteln 1. Kor. 12 und 14 gibt es keine Andeutung darüber, dass das Leben in den Gaben des GEISTES eine exeptionelle Situation (Ausnahme-Situation) nur für diese frühen Gemeinden gewesen sei.
Auch wenn wir heute das vollständige Wort GOTTES (Textus Receptus) in unseren Händen halten, bleibt unser Erkennen Stückwerk. Würde die dispensationalistische Hypothese stimmen, hätte mit der Fertigstellung des Neuen Testaments jegliches Stückwerk aufgehört.
In 1. Kor.13,10 steht TO TELEION (Neutrum mit Artikel). im Gegensatz zu TO EK MEROUS (das was stückweise ist). Hier auf der Erde, in dieser gefallenen Schöpfung gibt es nur eine teilweise Vollkommenheit, während das eigentliche Ziel im Himmel ist (Hebräer 9,11). So wird sich das vollkommene Gesetz der Freiheit erst in Gottes neuer Welt voll entfalten (Jakobus 1,17).
Wenn dieser Vers sich auf die Vollendung des NT beziehen würde, hätte der Apostel den Begriff HOLOKLEROS („alle Teile habend“; „ganz“; „alles“). Denn dieser Ausdruck bezeichnet das, was alles ihm Zugeteilte enthält und dem nichts mehr zur Vollständigkeit fehlt bzw. nach Verlust der Vollständigkeit diese wieder zurück gewonnen hat (kommt im NT nur in 1. Thessalonicher 5,23 und Jakobus 1,4) vor.
Der in 1. Korinther 13,10 mit Vollkommene übersetzte Begriff TELEION ist im Epheserbrief 4,13 mit vollen Mannesreife (Rev. EÜ) wiedergegeben und als das Erreichen des Vollmaß des Wuchses der Fülle CHRISTI definiert. In diesem Zustand werden wir ganz sicher erst bei der Wiederkunft CHRISTI sein.
Ein zweiter Punkt ist ganz wesentlich, nämlich der Kontext. In 1. Kor. 13,8 schreibt Paulus, dass nicht nur Weissagungen, Sprachen, sondern auch Erkenntnis (gr. GNOSIS) weggetan werden. GNOSIS meint nicht das Wort der Erkenntnis (LOGOS GNOSEOS), sondern bezeichnet u. a. die Erkenntnis des wahren GOTTES und Seines CHRISTUS (Röm. 15,14; 1. Kor. 1,5; 2. Kor. 2,14; 4,6; 6,6; 8,7; 10,5; Eph. 3,19 u.a.) und darüber hinaus Verstand, Einsicht und Vernunft (1. Petr. 3,7). Wenn man die Meinung dieser Ausleger konsequent zu Ende denkt, wäre mit Vollendung des NT die Erkenntnis GOTTES, sowie Verstand, Einsicht und Vernunft beseitigt worden. Ist das wirklich die Botschaft der Heiligen Schrift?
Fazit:
Wenn man diese Fakten berücksichtigt wird deutlich, dass mit dem Vollkommenen unmöglich die Vollendung des NT gemeint sein kann. Denn diese Lehre widerspricht sowohl dem Grundtext als auch dem Textzusammenhang. Es gibt für diese Hypothese keinen einzigen biblischen Anhaltspunkt. Vielmehr meint die Heilige Schrift mit dem Vollkommenen das Endgültige, das Ziel des Heilsplanes Gottes, die Wiederkunft JESU CHRISTI und das vollendete Gottesreich. Unsere Erwartung des Vollkommenen ist eine Person: Der HERR JESUS selbst.
Markus 16,17.18 bestätigt, dass die Gnadengaben allen Gläubigen verheißen sind, und GOTTES Zusagen sind ja und amen, zeitlos gültig:
[ads_custom_box title=“Markus 16, 17.18″ color_border=“#e87e04″]Diese Zeichen aber werden die begleiten, die gläubig geworden sind: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, sie werden in neuen Sprachen reden, Schlangen werden sie aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nichts schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden.[/ads_custom_box]
Eher werden Himmel und Erde vergehen, als nur ein Wort unseres HERRN auf den Boden fällt. Die Wunder und Geistesgaben haben nie aufgehört, auch wenn es Zeiten gibt, in denen GOTT Sich nur wenig offenbart und durch Sein Schweigen Gericht andeutet. GOTT ist ein GOTT, der Wunder tut (Hiob 9,10), und das gilt gestern, heute und in Ewigkeit.
Zu behaupten, der Markusschluss gelte nicht mehr, ist die gleiche Bibelkritik wie sie die moderne Theologen betreiben, die behaupten, der Markusschluss sei unecht. Hier reichen sich moderne Theologen und Pietisten die Hand und wir sehen, Pilatus und Herodes werden immer Freunde (Luk. 23,12), wenn es darum geht, biblische Wahrheiten zu bekämpfen.
Die Vertreter des Dispensationalismus haben ein zu enges Verständnis von Weissagung (Prophetie) und Erkenntnis; Prophetie als Aussprechen unmittelbarer, direkter Offenbarung durch den GEIST GOTTES; Erkenntnis als eine direkte, unmittelbare Enthüllung verborgener Sachverhalte. Das lässt sich nicht nachweisen. Weissagung ist nach 1. Kor. 14,3.26-32, der alle möglichen Arten geistgewirkter Rede mit einschließt, z. B. die vollmächtige Predigt. Erkenntnis bezieht sich in der Bibel ganz allgemein auf die Erkenntnis GOTTES (Kol. 1,9-11; 2,3; 2. Kor. 14,4.6), sowie auf Wahrheiten verschiedenster Art (Röm. 15,14; 1. Kor. 1,5; 8,10; Phil. 1,9). Direkte Inspiration in besonderen Situationen mag mit eingeschlossen sein, bildet aber nur einen kleinen Teil des Begriffsinhalts.
Wenn Weissagung und Erkenntnis tatsächlich aufgehört hätten, wäre die Gemeinde heute so arm, dass sie ihren Auftrag gar nicht mehr erfüllen könnte.
Die komprimierte Aufzählung der Geistesgaben in V. 8 nimmt verkürzt V. 1 – 3 wieder auf. Dort sind aber neben den Charismen der Prophetie, der Sprachenrede und der Erkenntnis noch die Gaben des bergeversetzenden Glaubens (vgl. 1. Kor. 12,9a), der Hingabe der Güter (vgl. Röm. 12,8c) und der Diakonie bis zum Martyrium (vgl. Röm. 12,7) genannt. Wenn in V. 8 und 9 nur und gerade die herausragenden und anscheinend „unvergänglichen“, „ewigkeitsbezogenen“ Gaben der Prophetie, der Erkenntnis und der Sprachenrede genannt sind und in ihrem Stückwerkscharakter als vorläufig und unvollkommen gekennzeichnet werden, so sind alle Charismen (also erst recht die von vornherein als vergehend ausgewiesenen Gaben des besonderen, beispielhaften Glaubens, der Hingabe, der Diakonie usw.) mitgemeint und als begrenzt bezeichnet.
Die beiden Bildreden vom unvollkommen redenden Kleinkind bzw. vom undeutlich wiedergebenden (antiken) Metallspiegel im Verhältnis zum erfahrenen Reden des Erwachsenen bzw. zum ungetrübten Schauen von Angesicht zu Angesicht weisen eindeutig auf den (in Korinth von einer Gemeindegruppe offensichtlich anders beurteilten!) großen Abstand von begrenzten Charismen hier auf Erden gegenüber dem vollkommenen Erkennen in der Vollendung, nachdem wir jetzt schon CHRISTUS erkannt sind. Wir haben es nach übereinstimmendem neutestamentlichen Zeugnis mit einer eschatologischen Perspektive zu tun. So verstehen denn auch die bekannten Kommentare zum 1. Korintherbrief unseren Abschnitt als eschatologisch ausgerichtet: Angefangen von Bengels „Gnomon“ über Bachmann in Theod. Zahns Kommentarwerk und A. Schlatter in „Paulus, der Bote JESU“ bis zu Conzelmann, Wendland, De Boor, ist es einhellig die Meinung, dass mit dem Vollkommenen, das kommen wird (V. 10), die noch ausstehende Vollendung gemeint ist. Dann werden Prophetie, Sprachenrede und Erkenntnisgabe zusammen mit den anderen Geistesgaben, die der erhöhte HERR Seiner irdischen Gemeinde anvertraut hat, aufhören.
Von den zwei Zeugen aus Offenbarung 11 heißt es:
[ads_custom_box title=“Offenbarung 11, 3″ color_border=“#e87e04″]Und ich will meinen zwei Zeugen geben, dass sie weissagen werden 1 260 Tage lang…[/ads_custom_box]
So wahr wie die beiden Zeugen weissagen werden, so wahr kann das Weissagen noch nicht aufgehört haben.
[ads_custom_box title=“Offenbarung 19, 10″ color_border=“#e87e04″]Denn das Zeugnis JESU ist der GEIST der Weissagung.[/ads_custom_box]
Solange es das Zeugnis JESU auf Erden gibt, solange hört auch das Weissagen nicht auf.
[ads_custom_box title=“1. Korinther 12, 7″ color_border=“#e87e04„]Jedem wird aber die Offenbarung des GEISTES zum [allgemeinen] Nutzen verliehen.[/ads_custom_box]
d. h. für die Gemeinde. Solange es Gemeinde JESU auf Erden gibt, solange hören auch die Geistesgaben nicht auf.
Auch in der Geschichte der Gemeinde JESU lässt sich nachweisen, dass Menschen in der Kraft des HEILIGEN GEISTES in den Gnadengaben gewirkt haben und diese zum Beispiel bei Erweckungen auch in einem breiteren Spektrum hervortraten. Das wurde in unserem Jahrhundert besonders seit der Erweckung in Wales 1905 und den geistlichen Aufbrüchen auf dem europäischen Festland erkennbar. Die Gemeinde JESU war dabei für das Wirken des HEILIGEN GEISTES und das Leben in den Charismen nicht immer bereit.
Bleiben werden jedoch Glaube, Hoffnung, Liebe. Wie ist das zu verstehen? Mit Vers 12 endet die futurische Redeweise (dann aber); Paulus wendet die Aufmerksamkeit seiner Leser wieder der Gegenwart zu (Nun aber). In dieser Gegenwart bleiben Glaube, Hoffnung und besonders Liebe in dem Sinn, dass sie kein Stückwerk sind wie die Gnadengaben. Sie überragen in ihrer Bedeutung für das gegenwärtige Leben der Christen die Gnadengaben bei weitem. Die Liebe wird die größte von ihnen genannt, weil sie an keine zeitliche Grenze gebunden ist. Sie hört niemals auf (Vers 8).
Durch bibelgemäße Prophetie wird heute nicht neue Offenbarung vermittelt, sondern vielmehr GOTTES Offenbarung in der Heiligen Schrift aktualisiert. Mit der biblischen Sprachenrede wird in erster Linie der Lobpreis GOTTES in einer dem Beter unbekannten Sprache bezeichnet. Im Dienst der Gemeinde bedarf die Sprachenrede immer der Auslegung. Mit Erkenntnis ist die Einsicht in GOTTES Offenbarung in Seinem Wort gemeint.
Epilog
Die Studie über 1. Kor. 13,8-13 belegt, dass die Ansicht, bestimmte Geistesgaben würden nur bis zum Kirchenkonzil von Hippo (hier wurde der Kanon für das Neue Testament festgelegt) gelten, eine klare Irrlehre ist.
[ads_custom_box title=“1. Korinther 13, 8-13″ color_border=“#e87e04″]Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels wie im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.[/ads_custom_box]
Hier schließt sich die Beweiskette, weil dem Stückwerk das Vollkommene (jetzt…dann) als Gegenteil gegenübergestellt ist, und ganz offensichtlich sieht Paulus nicht die Bibel als das Gegenteil vom Stückwerk, sondern das Sehen von Angesicht zu Angesicht. Und dies ist gewiss nicht hier auf Erden, sondern erst dann, wenn wir Ihn sehen werden, wie Er ist (1. Joh. 3,2) und wir vom Glauben zum Schauen gekommen sind.
Wer anfängt, Weissagung, Erkenntnis und Zungenreden aus der Bibel zu streichen, anhand von 1. Kor. 13,8-11, der kann den Rotstift nicht mehr so schnell aus der Hand legen; denn die vielen Bibelstellen, die zur Anwendung der Geistesgaben auffordern, müssten dann ja alle gleich mit gestrichen werden, z. B.
[ads_custom_box title=“1. Korinther 14, 1.5; 12, 4.10″ color_border=“#e87e04″]doch bemüht euch auch eifrig um die Geistesgaben; am meisten aber, dass ihr weissagt … Ich wünschte, dass ihr alle in Sprachen reden würdet, noch viel mehr aber, dass ihr weissagen würdet … Es bestehen aber Unterschiede in den Gnadengaben, doch es ist derselbe Geist;…. einem anderen verschiedene Arten von Sprachen, einem anderen die Auslegung der Sprachen.[/ads_custom_box]
und viele weitere Stellen. Überall müsste der Rotstift angesetzt werden und gestrichen werden. Doch wer aus der Bibel streicht, der soll zusehen, dass er nicht eines Tages selbst zum Strichmännchen wird und aus dem Buch des Lebens gestrichen wird:
[ads_custom_box title=“Offenbarung 22, 19″ color_border=“#e87e04″]und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches dieser Weissagung, so wird GOTT weg nehmen seinen Teil vom Buch des Lebens und von der heiligen Stadt, und von den Dingen, die in diesem Buch geschrieben stehen.[/ads_custom_box]
Wir können daraus lernen, dass es nicht nur Bibelkritik von links gibt (z. B. Bultmann), sondern auch von rechts (Darbysmus, Dispensationalismus).
Zum Schluss noch ein Erlebnis eines Glaubensbruders, mit dem ich diesen Aufsatz beschließen möchte:
[tds_info]Als Theologiestudent war ich in einem Bibelkreis gläubiger Studenten des Gnadauer Verbandes. Sie hetzten gegen die Geistesgaben, ich hielt dagegen. So wurden wir dort immer unbeliebter, weil wir gewissensmäßig nicht die Freiheit und Frechheit aufbrachten, den Rotstift ans Neue Testament anzulegen und die Geistesgaben zu streichen. Schließlich forderte ich den Leiter heraus. Ich fragte ihn: ‚Glaubst du, dass das Neue Testament unfehlbares Wort GOTTES ist?’ Ja, war die Antwort. ‚Glaubst du auch, dass die Paulusbriefe unfehlbares Wort GOTTES sind?’ Ja, war die Antwort. ‚Glaubst du dann auch, dass 1. Kor. 14,1 ‚bemüht euch auch eifrig um die Geistesgaben’ unfehlbares Wort GOTTES ist?’ Jetzt zögerte er. Dann fragte ich weiter: ‚Bist du bereit, dieses unfehlbare Wort GOTTES zu befolgen?’ Er schwieg verärgert und rief schließlich laut und voller Wut: ‚Nein!’ Damit hatte ich ihn zwar überführt, dennoch war er zu stolz, sich korrigieren zu lassen. Statt dessen wurden wir ausgeschlossen. Die Folge war: er landete in einer Sekte, den sog. Ortsgemeinden des Witness Lee. So erfüllt sich immer wieder GOTTES Wort:[/tds_info]
[ads_custom_box title=“2. Thessalonicher 2, 11″ color_border=“#e87e04″]Darum wird ihnen GOTT eine wirksame Kraft der Verführung senden, so dass sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit.[/ads_custom_box]
(Quelle: Glaubensnachrichten 04/2004).
Literatur:
Theologisches Begriffslexikon zum NT (Brockhaus-Verlag)
Glaubensnachrichten 03/2001 und 04/2004
Peters, Benedikt: Der Gebrauch von teleios und verwandten Wörtern im Neuen Testament, Arbon (Schweiz) o. Jg.
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