Luther und der Koran

Die Stadt Konstantinopel wurde von dorischen Siedlern aus dem griechischen Mutterland um 660 v. Chr. unter dem Namen Byzantion gegründet. Am 11. Mai 330 n. Chr. machte der römische Kaiser Konstantin der Große sie zu seiner Hauptresidenz, baute sie großzügig aus und benannte sie offiziell in Nova Roma (Νέα ̔Ρώμη) um. In der Spätantike beanspruchte die Stadt auch den Rang als „Neues Rom“. Sie war die Hauptstadt des Oströmischen Reichs und blieb dies – abgesehen von der Eroberung im Vierten Kreuzzug – ununterbrochen bis zur osmanischen Eroberung 1453. Nach dem Tod Kaiser Konstantins 337 wurde die Stadt offiziell in Constantinopolis umbenannt. Unter den Namen ‏قسطنطينيه‎ / Qusṭanṭīnīya und ‏استانبول‎ / Istānbūl war es die Hauptstadt des Osmanischen Reichs.1

Nach der Schlacht bei Mohács am 29. August 1526 bei dem die Truppen des Osmanischen Reichs unter Süleyman I. dem Heer des Königreiches Ungarn unter König Ludwig II. und Pál Tomori eine vernichtende Niederlage zufügte und danach große Teile Ungarns und Kroatiens eroberten. Jetzt wurden die Gefahr einer Osmanischen (Türken) Invasion in Europa wieder sehr ernst genommen. Es wurde von der Bevölkerung eine Türkensteuer (Gemeiner Pfennig oder auch Reichspfennig) erhoben, um die Türkenkriege zu finanzieren.

Luther und der Koran

Luther setzte sich für die Freigabe einer beschlagnahmten Neuübersetzung des Koran durch Theodor Bibliander (* 1509 ; † 26.09.1564) ein, denn der Basler Stadtrat wollte diese Veröffentlichung verhindern. Martin Luther und Philipp Melanchthon setzten jedoch die Drucklegung des Korans gegenüber dem Basler Rat durch.2 Die Nachfrage war so groß, dass bereits sieben Jahre später eine zweite Auflage notwendig wurde. Damit nicht genug; Luther konnte den Stadtrat ebenfalls davon überzeugen, dass eine Vorrede von ihm mit veröffentlicht wurde. Für den Erstdruck des lateinischen Koran von 1542/43 (der erste gedruckte Koran weltweit!) benutzte Theodor Bibliander als Grundlage die lateinischen Übersetzung von Robert von Ketton (* ca. 1110; † ca. 1160).

Die erste deutsche Übersetzung des Korans erschien 1616 in Nürnberg (von Salomon Schweigger). Diese Koranübersetzung hatte einen Umfang von 267 Seiten und der Titel lautete: „Alcoranus Mahumeticus, das ist: Der Türcken Alcoran, Religion und Aberglauben“ und war eine Übersetzung aus dem Italienischen, die wiederum auf  der lateinischen Übersetzung beruhte.

Auswirkungen der Koran-Übersetzung

Wie wirkt sich die Koran-Übersetzung nun aus? Ich möchte an dieser Stelle ein Beispiel (Voltaire) anbringen:

„Der Koran ist nicht ein historisches Buch, mit dem man die Bücher der Hebräer oder unsere Evangelien hätte nachahmen wollen. Er ist auch nicht nur ein reines Gesetzesbuch, wie das 3. und 4. Buch Mose, noch eine Sammlung von Psalmen oder Liedern, noch eine prophetische oder allegorische Version im Stil der Apokalypse; er ist vielmehr eine Mischung all dieser unterschiedlichen Gattungen, eine Ansammlung von Predigten, in denen man eine Tatsachen findet, eine Visionen, sowie Offenbarungen, religiöser und säkulare Rechtsvorschriften.“

Voltaire: Versuch über die Sitten und den Geist der Nation 1753

Als zweites Beispiel möchte ich Megerlin erwähnen. Er bezeichnete den Koran als die schlechtere Bibel – das war dann für ihn die „die türkische Bibel“. Der Übersetzer der ersten direkten aus dem Arabischen übersetzten deutschen Koranausgabe, David Friederich Megerlin (1699-1778), scheute sich nicht, diese Bezeichnung als Untertitel seiner 1772 erschienen Arbeit zu verwenden (siehe Anhang). Bei Megerlins langatmiger Vorrede findet man eine völlig unerwartete und eine geradezu erstaunliche Bemerkung:

„…man kann hie und dorten auch gute und unärgerliche Stellen finden, die jedermann lesen darf, und zur Erbauung anwenden kann.“

Bobzin, Hartmut: Der Koran. Eine Einführung, 7. Auflage (C. H. Beck) 2007, S. 15

Einige Auszüge aus Luthers Vorwort

„So gibt es eine Kirche, beginnend mit Adam, dem Gott offenbarte sich mit bestimmten und wunderbare Zeugnisse in der schon das Wort übergab er bis zu den Propheten und Apostel. Und so oft er befiehlt, dass es in der Lehre anerkannt und alle anderen Meinungen von ihm abgelehnt werden. Er bindet uns an dieser einen Lehre, wie er sagt deutlich in Jesaja 59 Siehe auch John 15:7; Eph.. 2:20.
Mohammed gesteht mit einer neuen Stellungnahme, die von den Propheten und Apostel unterscheidet gekommen sind – wie die heidnischen Meinungen der alten zurückgewiesen werden, so auch Mohammed Hirngespinste.

Diejenigen, die nicht einmal wissen, dass auf der Religion in Übereinstimmung mit den Propheten und Apostel ist die wahre Religion, wie sie bewaffnen sich gegen Mohammed Ideen, die sie hören könnte, auch wenn sie nicht lesen den Koran?

Es ist daher absolut beschämend, wenn Christen nicht ermahnen sich täglich im Gebet über die Wahrheit dieses Satzes, und wenn sie nicht trennen Sie sich im Gebet von Juden, Türken, Heiden, und wenn sie nicht denken, dass nur er der einzig wahre Gott ist , Schöpfer der Welt, Hörer von Gebeten und Spender des ewigen Lebens, der sich offenbart hat, in den prophetischen und apostolischen Schriften, der uns seinen Sohn gesandt und wollte unser Opfer sein. Mögen diejenigen, die nicht denken, diese im Gebet erkennen dieser Stupor eine große Sünde.“

Auszüge aus Luthers Vorwort

Fazit

Auch wenn Luther sich in seinem Vorwort vom Islam bzw. vom Koran distanziert und sein publizistisches Engagement möglicherweise darauf abzielt, den Koran dadurch zu desavouieren, dass er nun der Öffentlichkeit in übersetzter Form vorlag, müssen wir feststellen, dass Luther den Koran aktiv verbreitete. Er trägt die Verantwortung, dass durch sein Engagement der erste gedruckte Koran weltweit vorlag und die Vorlage bildete der deutschen Übersetzung, die 1616 veröffentlicht wurde.

Luther meint eine Art „koranisches Christentum“ zu erkennen (Übereinstimmungen mit den Islam), wenn die Muslime

„multa concedunt in euangelio seu testamento: Christum natum esse ex Maria sine peccato, et virginem mansisse mundatam etc.“

Weimarer Ausgabe, Band 53, S. 569 – 572

Natürlich verschweigt auch Luther nicht die zwangsläufigen dogmatischen Auseinandersetzungen mit den Muslimen und dennoch kommt er zu folgender Feststellung:

“ …es leichter mitt inen wirt zu streiten sein denn mitt den Juden.“

Weimarer Ausgabe, Band 53, S. 569 – 572

Wenn Christen nun heute die Verteilaktionen des Korans durch Salafisten (zu Recht) kritisieren, sollten sie jedoch den gleichen Maßstab auch auf Luther anwenden und sein publizistisches Engagement ebenfalls verwerfen. Luther hatte damals den Christen einen „Bärendienst“ erwiesen.

Einzelnachweise

1 = J.H. Mordtmann Kustantiniyya in Encyclopaedia of Islam; Wikipedia
2 = vgl. hierzu Bobzin Hartmut: Der Koran im Zeitalter der Reformation (Beiruter Texte und Studien 42, Beirut 1995, S. 189. Weitere Nachweise zu den in diesem Zusammenhang wichtige Quellen in: Kaufmann, Thomas: Luthers Judenschriften. Ein Beitrag zu ihrer historischen Kontextualisierung, Tübingen 2013, S. 108 – 110.
3 = Voltaire: Versuch über die Sitten und den Geist der Nation 1753
4 = Bobzin, Hartmut: Der Koran. Eine Einführung, 7. Auflage (C. H. Beck) 2007, S. 15
5= Weimarer Ausgabe, Band 53, S. 569 – 572
6 = D. Martin Luthers Werke, Weimar 1883, Tischreden 5, 5536

Anhang

Luther-Koran
Türkische Bibel


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