Das Lied von Gomorra

Viele sagen uns: „Wie kann man nur so lieblos, roh und grausam sein, so stößt du die Menschen doch nur vor den Kopf! Lies mal 1. Korinther 13!
Wie oft ich diesen Satz schon gehört habe? Ich kann es nicht zählen. Jedenfalls so oft, dass ich ihn singen kann:

Vers 1:

Stell dir vor, ein Ertrinkender ruft verzweifelt um Hilfe. Am Ufer stehen ein Katholik, ein Protestant und ein Evangelikaler. Der Katholik sprengt dreimal segnend mit einer Art Bürste auf Wasser und murmelt etwas. Der Protestant ruft dem Ertrinkenden zu, dass er zur Hoffnung berufen sein. Der Evangelikale, allzeit lächelnd, ruft: „Wenn dein Gott tot ist, nimm meinen. Jesus lebt!“ Doch da kommt ein barmherziger Samariter, ein echter Christ mit Herz und Hand. Er springt sofort ins Wasser, packt den Armen beim Schopf und zieht ihn an den Haaren aus dem Wasser. Der Katholik, der Protestant und der Evangelikale stehen abseits, schütteln die Köpfe und sprechen:

"Wie kann man nur so lieblos, roh und grausam sein, so stößt du die Menschen doch nur vor den Kopf! Lies mal 1. Korinther 13!"
Vers 2:

Ein Blinder nähert sich zielstrebig, aber ahnungslos dem jähen Abgrund eines Steinbruches. Da stehen sie wieder, der Katholik, der Protestant und der Evangelikale. Der Katholik sprengt dreimal mit seiner Bürste und murmelt etwas. Der Protestant erteilt den Aaronitischen Segen und singt „in einhelligem Jubel samt den seligen Seraphim“. Der Evangelikale, allzeit lächelnd, ruft dem Blinden zu: „Jesus liebt dich!“ Doch da kommt der barmherzige Samariter, der echte Christ mit Herz und Hand. Der Blinde will gerade den letzten Schritt zum Abgrund tun. Da reißt ihn der Samariter mit roher Gewalt rücklings zu Boden. Der Katholik, der Protestant und der Evangelikale stehen abseits, schütteln die Köpfe und sprechen:

 "Wie kann man nur so lieblos, roh und grausam sein, so stößt du die Menschen doch nur vor den Kopf! Lies mal 1. Korinther 13!"
Vers 3:

Es liegt einer im Bett und schläft so tief, dass er gar nicht merkt, dass sein Haus in hellen Flammen steht. Vor dem Haus stehen sie wieder, die ewigen Leichenbestatter der Christenheit: Der Katholik, der Protestant und der Evangelikale. Der Katholik sprengt dreimal segnend an die Hauswand und genau – murmelt etwas – der Protestant ruft in die Flammen: „sola gratia, sola fide, sola scriptura. Der Evangelikale, allzeit lächelnd, ruft ins Haus: „Halleluja, Jesus lebt!“ Doch da kommt gerade noch der barmherzige Samariter, der echte Christ mit Herz und Hand. Er lächelt nicht, sagt auch nichts, sondern fällt gleich mit der Tür ins Haus und zerrt den Schlafenden ins Freie. Der Katholik, der Protestant und der Evangelikale stehen abseits, schütteln die Köpfe und sprechen:

"Wie kann man nur so lieblos, roh und grausam sein, so stößt du die Menschen doch nur vor den Kopf! Lies mal 1. Korinther 13!" 
Vers 4:

Die Fußgängerzone von Gomorra. Es ist am Vorabend des Weltgerichtes. Die Menschen taumeln, blind und taub wie die Mücken in der Schwüle vor dem Gewitter. Es ist die Ruhe vor dem Sturm; es ist Friede, Friede, keine Gefahr. Der Katholik, der Protestant und der Evangelikale walten ihres Amtes. Der Katholik sprengt dreimal segnend urbi et orbi, der Protestant ruft ihnen zu: „Gott sagt ja zu euch, bewahrt Ruhe, schlaft weiter, es ist alles Gnade!“ Der Evangelikale, allzeit lächelnd, geht durch die Menge und verteilt – um das Vertrauen zu gewinnen – Beruhigungs- und Schlaftee in Pappbechern (er verzichtet ganz bewusst auf Plastikbecher). Doch da kommt der barmherzige Samariter in die Fußgängerzone von Gomorra, der echte Christ mit Herz und Hand. Er stellt sich auf eine Erhöhung daselbst und donnert in die schlaftrunkene Menge hinein:

„Wehe euch, ihr eingeschlafenes Kirchenvolk, ihr Hurer und Ehebrecher, ihr Heuchler und Götzendiener, tut Buße: denn GOTTES Zorn wird bald entbrennen!“

Da sind alle mit einem Male hell wach, die Augen weit aufgerissen. Die einen toben vor Wut, andere lachen und grölen, doch etliche tun Buße.

Der Katholik, der Protestant und der Evangelikale stehen an der Hausecke, schütteln die Köpfe und sprechen:

"Wie kann man nur so lieblos, roh und grausam sein, und die Menschen aus ihrem so gesegneten Kirchenschlaf aufwecken. Lies mal 1. Korinther 13!"

Nun, ich habe 1. Korinther 13 gelesen. Jetzt lest ihr mal
3. Mose 19, 17
Hesekiel 3, 18 und
1. Timotheus 5, 20!

Quelle: 
Homuth, Norbert: Herausforderung an die verweltlichte Christenheit, Band 2, Glaubensnachrichten, Nürnberg (Selbstverlag) 2003, S. 13ff.

Kommentare

Eine Antwort zu „Das Lied von Gomorra“

  1. Traugig aber Wahr!

    Shalom, Maranatha

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert