Im Cessationismus (engl. Cessation = Beendigung) wird die Lehre vom Aufhören der sog. „Zeichen- und Offenbarungsgaben“ nach der Zeit der Apostel besonders vehement vertreten. Häufig wird dabei auf 1. Korinther 13,8 ff. Bezug genommen, wobei das Vollkommene (gr. TELEION) willkürlich mit dem Abschluss der Kanonbildung gleichgesetzt wird.
Man muss sich nicht wundern über die große Anzahl der Anhänger dieser Irrlehre, wenn man bedenkt, mit welchen unbiblischen Maßstäben manche Zeitgenossen die Geister prüfen wollen. Von einem weiß ich, dass er die Lehre immer daran prüft, ob sie „reformatorisch“ genug sei und ob das „Erbe der Reformation“ bewahrt werde. Ein anderer prüft die Geister anhand der Frage, wie man zum Zungenreden steht, ein anderer, ob man auch demokratisch genug eingestellt sei usw. Wer sich anmaßt, mit solch krummen Messlatten die Geister zu prüfen, braucht sich nicht zu wundern, wenn er selbst – mit oder ohne Nasenring – von den Geistern an der Nase herumgeführt wird; denn was ist schon reformatorisch? Von der Schrift her ist einer, der sich auf die Reformation beruft, eher mit Vorsicht zu genießen, weil er den Irrtümern der Lutheraner verfallen ist.
Auch Zungenrede kann man nicht so mir nichts dir nichts aus der Bibel streichen. Natürlich ist die Pfingstbewegung abzulehnen, weil sie verweltlicht und ökumenisch ist und ihre spezielle Zungenlehre auf die Irrlehre von Topeka aufgebaut ist (siehe mein Buch „Kleine Sektenkunde“). Bedingt durch das charismatische Chaos in Pfingstlerkreisen, fallen viele Gläubige ins andere Extrem und schließen sich der Irrlehre jener an, die behaupten, die Geistesgaben hätten aufgehört. Sie begründen ihre Irrlehre (wie bereits erwähnt) mit 1. Korinther 13, 8-12, wo es heißt:
[stextbox id=“alert“ caption=“1. Korinther 13, 8-12″ shadow=“true“ ccolor=“ffff00″ bgcolor=“ffffff“ cbgcolor=“9A007B“ bgcolorto=“ffffcc“ cbgcolorto=“6C0057″]… so doch die Weissagungen aufhören werden und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk … Wenn aber das Vollkommene kommen wird, wird das Stückwerk aufhören.[/stextbox]
Sie versteifen sich darauf, dass mit der Festlegung des Bibelkanons im 4. Jh. n. Chr. durch die Kirchensynoden von Hippo (393 n. Chr.) und Karthago (397 n. Chr.) das Vollkommene gekommen sei. Das Stückwerk, die Gaben hätten damit aufgehört.
Nun zu den fünf biblischen Beweise, die die Cessationismus-Irrlehre widerlegen:
- Die zwei Zeugen aus Offenbarung 11. Von ihnen heißt es: Und ICH will meinen zwei Zeugen geben, dass sie sollen weissagen. So wahr die beiden Zeugen weissagen werden, so wahr kann das Weissagen nicht aufgehört haben.
- Das Zeugnis JESU ist der Geist der Weissagung (Offenbarung 19,10). Solange es das Zeugnis JESU auf Erden gibt, solange hört auch das Weissagen nicht auf.
- In einem jeglichen offenbaren sich die Geistesgaben zu gemeinsamen Nutzen (1. Korinther 12,7), d.h. für die Gemeinde. Solange es Gemeinde JESU auf Erden gibt, solange hören auch die Geistesgaben nicht auf.
- Die Zeichen, die folgen werden denen, die glauben sind: sie werden böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden (Markus 16,17). Sollte die Verheißung dieser Gaben nur bis zum Kirchenkonzil von Hippo gelten? Unsinn! Vor solch abenteuerlichen, ja geradezu lächerlichen Bibelauslegung möge jeder möglichst weit Abstand halten!
- Jetzt erkenne ich stückweise … dann aber von Angesicht zu Angesicht (1. Korinther 13,12). Hier schließt sich die Beweiskette, weil dem Stückwerk dass Vollkommene (jetzt … dann) als Gegenteil gegenübergestellt ist, und ganz offensichtlich sieht Paulus nicht die Bibel als das Gegenteil vom Stückwerk, sondern das Sehen von Angesicht zu Angesicht. Und das ist gewiss nicht hier auf Erden, sondern erst dann wenn wir IHN sehen werden, wie ER ist (1. Johannes 3,2) und wir vom Glauben zum Schauen gekommen sind.
Wer anfängt, Weissagung, Erkenntnis und Zungenreden aus der Bibel zu streichen, anhand von 1. Korinther 13, 8ff., der kann den Rotstift nicht mehr so schnell aus der Hand legen; denn die vielen anderen Bibelstellen, die zur Anwendung der Geistesgaben auffordern, müssten dann ja alle gleich mitgestrichen werden, z. B.
[stextbox id=“alert“ caption=“1. Korinther 14, 1.5; 12, 10″ shadow=“true“ ccolor=“ffff00″ bgcolor=“ffffff“ cbgcolor=“9A007B“ bgcolorto=“ffffcc“ cbgcolorto=“6C0057″]Trachtet nach den Gaben, am meisten dass ihr weissaget … ich wollte, ihr könntet alle in Zungen reden … es sind viele Gaben, aber ein GEIST, … dem einen ist gegeben in Zungen zu reden.[/stextbox]
und viele weitere Stellen. Überall müsste der Rotstift angesetzt und gestrichen werden noch und noch. Doch wer aus der Bibel streicht, der soll zusehen, dass er nicht eines Tages selbst zum Strichmännchen wird und aus dem Buch des Lebens ausradiert wird. Wir können daraus lernen, dass es nicht nur Bibelkritik von links gibt (Bultmann & Co.), sondern auch von rechts (sog. „Bibeltreue“). Beide aber werden ihrer Strafe nicht entkommen.
Quelle: Glaubensnachrichten 03-2001, S. 3f. (red. bearbeitet)
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