Wir wollen uns in dieser Reihe mit einigen „Spielregeln“ beschäftigen, die unter den Evangelikalen stillschweigend Geltung bekommen haben, auch wenn sie den Lehren der Bibel widersprechen und den Gläubigen in Wirklichkeit schaden, anstatt ihnen zu nutzen. Es sind Verhaltensregeln, die der humanistischen Weisheit dieser Welt entspringen und nicht dem, was uns Gott durch die Apostel lehrt. Sie werden dazu benutzt, um geistliche Wachsamkeit gegenüber Irrlehren und Fehlentwicklungen in der Gemeinde einzuschläfern und die Warnung vor Verführungen abzublocken.
Immer wieder wird denjenigen, die aus geistlichen Motiven vor falschen Lehren und Tendenzen in der Gemeinde warnen, vorgeworfen, sie würden „Unruhe stiften“ und „den Frieden stören“. Dazu wird das biblische Gebot angeführt, daß wir dem Frieden mit jedermann nachjagen sollen (Hebr 12,14). Dieses Gebot ist ja unbestritten wahr und berechtigt, ebenso auch die verwandten Anweisungen des Neuen Testaments:
[stextbox id=“alert“ caption=“Römer 14, 19; 12, 18″ shadow=“true“ ccolor=“ffff00″ bgcolor=“ffffff“ cbgcolor=“9A007B“ bgcolorto=“ffffcc“ cbgcolorto=“6C0057″]So lasst uns nun nach dem streben, was zum Frieden und zur gegenseitigen Erbauung dient … Ist es möglich, soviel an euch liegt, so haltet mit allen Menschen Frieden[/stextbox]
Wir wollen hervorheben, daß der Frieden und die Einmütigkeit zwischen den Gläubigen in einer örtlichen Gemeinde wie auch insgesamt in der Gemeinde Jesu Christi etwas Wichtiges und Kostbares sind. Nichtiger, fleischlicher Streit, Uneinigkeit und Richtungskämpfe aus ungeistlichen Gründen sind etwas überaus Schädliches und Bedauernswertes. Es ist auch nachvollziehbar, daß Hirten und Älteste einer Gemeinde ein besonderes Anliegen dafür haben, den Frieden unter den Gläubigen zu fördern und zu bewahren. Nicht umsonst sagt der Apostel Paulus zu den Philippern: … so macht meine Freude völlig, indem ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und auf das Eine bedacht seid (Phil 2,2). Geistgewirkte Eintracht und Einmütigkeit im Dienst für die Sache des Herrn ist etwas Wunderbares, sehr Erstrebenswertes.
Wie ist es denn nun? Ist nicht der Wächterdienst, die Warnung vor Verführungen und Fehlentwicklungen dann ein Störfaktor? Wäre es nicht besser, die Wächter auf den Mauern Jerusalems würden still bleiben, anstatt den Frieden der Stadt mit ihren Posaunentönen zu stören? Nun, wenn wir eine ausgewogene, wirklich von der biblischen Lehre her begründete Antwort suchen, dann müssen wir sagen: Die Ruhe und der Frieden in der Herde Gottes sind keine absoluten, höchsten Werte, die es um jeden Preis zu bewahren gilt. Sie haben dort Vorrang, wo der Herde keine Gefahren durch reißende Wölfe drohen. Sie können dann gewahrt werden, wenn die Hirten der Herde dazu bereit und in der Lage sind, die Herde vor drohenden Gefahren zu schützen – wenn sie selbst es nicht versäumen, die Gläubigen zu warnen und so zu unterweisen, daß diese mündig sind und Verführungen durchschauen und abwehren können.
Wenn aber, wie das heute leider vielfach der Fall ist, die Hirten der Herde versagen und es versäumen, die Schafe des Herrn vor den Wölfen zu warnen und zu schützen, dann entsteht eine Situation, wo zum Schutz der Schafe andere warnen müssen. Denn in der Gemeinde Gottes gilt nicht nur das Gebot, dem Frieden nachzustreben. Es gilt auch das Gebot, für den überlieferten Glauben zu kämpfen (Judas 3), den Verführern mit der biblischen Lehre entgegenzutreten und ihnen den Mund zu stopfen (Tit 1,9-11). Es gilt die ernste Warnung vor dem verderblichen Wirken falscher Propheten, falscher Hirten und Lehrer in den Gemeinden (vgl. Mt 24,11; 1Joh 4,1-6; 2Pt 2,1-3; 2Joh 7-11; Apg 20,28-31). Es gilt das Gebot, uns von diesen Verführern und vom Sauerteig falscher Lehren abzusondern (1Kor 5,6-8; Gal 5,7-10; 2Kor 6,14-18). Wenn überforderte, nachlässige oder gar untreue Hirten die Schafe den reißenden Wölfen zum Fraß überlassen, dann ist „Frieden“ und „Ruhe“ in der Herde gleichbedeutend mit einer Ausweitung des Übels und ist zum Schaden für die Herde. Dann wird der Herr selbst für eine heilsame „Unruhe“ sorgen, damit die Schafe den Wölfen entrinnen können.
Wir sehen in der Heiligen Schrift, daß die von Gott eingesetzten Hirten der Gemeinde eine hohe und ernste Verantwortung haben.
[stextbox id=“alert“ caption=“Apostelgeschichte 20, 28-31″ shadow=“true“ ccolor=“ffff00″ bgcolor=“ffffff“ cbgcolor=“9A007B“ bgcolorto=“ffffcc“ cbgcolorto=“6C0057″]So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu hüten, die er durch sein eigenes Blut erworben hat! Denn das weiß ich, daß nach meinem Abschied räuberische Wölfe zu euch hineinkommen werden, die die Herde nicht schonen; und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen in ihre Gefolgschaft. Darum wacht und denkt daran, daß ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, jeden einzelnen unter Tränen zu ermahnen.[/stextbox]
Es ist zuallererst die Aufgabe dieser örtlichen Ältesten und leitenden Brüder, die gesunde Lehre zu bewahren und zu verteidigen und darauf zu achten, daß nicht verderbliche, verführerische Lehren und Einflüsse in die Gemeinde eindringen. Dazu hat Gott sie berufen. Ein Hirte muß nicht nur dafür sorgen, daß die Schafe gute Nahrung haben; er muß sie auch nach Kräften vor Wölfen, vor Krankheiten, vor dem Absturz in Abgründe schützen. Gott wird von den heutigen Ältesten einmal Rechenschaft fordern, inwieweit sie diese schwierige, herausfordernde Aufgabe wirklich erfüllt haben. Die wahren Ältesten sind auch Wächter; sie wachen über eure Seelen, und zwar als solche, die einmal Rechenschaft ablegen werden (Hebr 13,17).
Gott hat zur Ergänzung dieses Wächterdienstes der örtlichen Hirten auch den von Ihm berufenen Lehrern und Hirten, die überörtlich wirken (vgl. Eph 4,11), eine solche Wächteraufgabe gegeben; wir sehen sie besonders in den Briefen des Apostels Paulus an Timotheus und Titus deutlich beschrieben (vgl. u.a. 1Tim 4,6-16; 6,20; 2Tim 1,13-14; 2,1-2; 2,14-26; 3,14 – 4,5; Tit 1,10-16; 2,7-15; 3,9-11). Sie sollen die örtlichen Ältesten unterstützen und zugleich allen Gläubigen mit ihrer Gabe der Lehre dienen, damit Verführungen durchschaut und abgewehrt werden können. Wenn die Gemeinde in einem guten Zustand ist, dann wirken diese verschiedenen Gnadengaben und Dienste zusammen zur Auferbauung, und die Herde Gottes darf beschützt zu Christus heranwachsen (Eph 4,11-16).
Heute jedoch gibt es allgemein in der Gemeinde Jesu Christi solche guten, gesunden und schriftgemäßen Zustände nicht mehr; einzelne Ausnahmen bestätigen die Regel. Viele heutige Gemeinden werden von Hirten geleitet, die eine eher pragmatische, kompromißorientierte Sicht ihrer Aufgabe haben und die gebotene Wachsamkeit gegenüber Irrlehren und gefährlichen Tendenzen vernachlässigen. Ihnen ist ein falscher „Friede“ in der Gemeinde wichtiger als der konsequente Schutz vor Irrströmungen. Sie wollen vor allem „die Jugend“ bei der Stange halten und die verschiedenen Flügel ihrer Gemeinden befrieden; außerdem wünschen sie sich „Frieden“ und ein „gutes Verhältnis“ auch mit anderen Gemeinden, egal ob sie charismatisch oder bibelkritisch-ökumenisch orientiert sind.
Dazu hat der allgemeine Einfluß des neo-evangelikalen Denkens beigetragen. Im Evangelikalismus wird eine falsch verstandene „Einheit“ und „Liebe“ über die Wahrheit gesetzt; er neigt zu Kompromissen mit Irrlehren und zum Dialog mit den Verführern anstatt zum Kampf für den Glauben. So praktiziert es ja auch die Evangelische Allianz seit Jahrzehnten, und diese falsche Gesinnung hat auch viele eigentlich bibeltreu geprägte Gemeinden beeinflußt.
Das Ergebnis ist, daß biblisch begründete Warnung vor Irrlehren, insbesondere vor den allgegenwärtigen Einflüssen der Pfingst- und Charismatischen Bewegung, nicht mehr gehört werden. Man hat ohnehin schon zahlreiche charismatische Lieder im Gemeindegesang integriert, hat vielleicht sogar schon eine „Lobpreisband“ – da sind Warnungen vor dem Irrgeist dieser Bewegung doch störend, gerade auch, wenn sie von Geschwistern kommen, die den Irrtümern und Verstrickungen dieser Bewegung selbst entkommen sind und nun mit Recht andere davor warnen wollen. Solche Geschwister werden oftmals von den Hirten der Gemeinden mißachtet und zurechtgewiesen, auf ihre Warnungen wird nicht gehört, und sie werden als „extrem“ abgestempelt und an den Rand, wenn nicht sogar hinausgedrängt. Da kommt rasch der Vorwurf auf, den wir eingangs erwähnten, nämlich daß solche Warner den „Frieden“ und die „Einheit“ in der Gemeinde störten.
Dabei muß man andererseits auch zugeben, daß vielleicht manche solche wach gewordenen Geschädigten tatsächlich in ihrer inneren Not und ihrem Anliegen, andere zu warnen, etwas unbesonnen vorgehen mögen und tatsächlich vermeidbare Unruhe anrichten. Aber das sollte doch vielmehr durch weise, geistlich gesinnte Hirten behutsam korrigiert werden, anstatt solchen Geschwistern, die oft in den Gemeinden, aus denen sie kamen, Schlimmes erlebt haben, noch zusätzlich Not und Bedrückung zuzufügen. Denn auch wenn sie es vielleicht ungeschickt vorbringen: Ihr Anliegen ist berechtigt, ihre Warnungen vor den Abgründen und Gefahren der Endzeitverführung, in der sie steckten, sollten eigentlich ernstgenommen werden.
Wo es um das Eindringen von Verführung und Irrlehre geht, ist der Ruf nach oberflächlichem „Frieden“ und einer nur äußerlichen „Einheit“ verfehlt – hier ist nach dem Gebot der Bibel Buße, Absonderung und Reinigung der Gemeinde vom Bösen notwendig. Wer dieses als Hirte versäumt, der ist eigentlich dafür verantwortlich, wenn der biblisch gesunde Frieden in der Herde gestört wird und eine heilsame Unruhe unter den Gläubigen entsteht. Solche Unruhe ist letztlich in den allermeisten Fällen auf das Versäumnis der Hirten zurückzuführen, auch wenn man die Schuld den Warnern zuweist. In einer solchen Situation die Warnungen vor Verführung zu unterdrücken, um einen faulen „Frieden“ zu bewahren, ist ein verhängnisvoller Fehler. Denn dann spielt ein solcher fauler „Friede“ dem Feind in die Hände und erlaubt es ihm, ungestört den Sauerteig der Irreführung in den Gemeinden auszubreiten.
[stextbox id=“alert“ caption=“Jeremia 8, 11; Hesekiel 13, 4-11″ shadow=“true“ ccolor=“ffff00″ bgcolor=“ffffff“ cbgcolor=“9A007B“ bgcolorto=“ffffcc“ cbgcolorto=“6C0057″]Und sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin, indem sie sprechen: »Friede, Friede!«, wo es doch keinen Frieden gibt … O Israel, deine Propheten sind wie Schakale in den Ruinen geworden! Ihr seid nicht in die Risse getreten und habt keine Mauer um das Haus Israel gebaut, damit es im Kampf standhalten könnte am Tag des HERRN! (…) Und meine Hand soll über die Propheten kommen, die Trug schauen und Lügen wahrsagen (…) darum, weil sie mein Volk irregeführt und von Frieden geredet haben, wo doch kein Friede ist. Jener baut eine Wand, und diese übertünchen sie mit Kalk! So sage nun denen, die mit Kalk tünchen, daß sie fallen wird! Es soll ein überschwemmender Platzregen kommen, und Hagelsteine werden fallen, und ein Sturmwind wird losbrechen.[/stextbox]
Nachbemerkung: Diese Gedanken geben meine persönliche Sicht dieser schwierigen Frage wieder, über die ich selbst von der Schrift her gerne weiter nachdenken möchte. Sie sind als Anstoß zu einer vertieften Auseinandersetzung gedacht. Ich bin dankbar, wenn betroffene Geschwister, insbesondere auch Gemeindeälteste, mir gelegentlich ihre Sicht der Dinge mitteilen würden (auch wenn ich aus Zeitgründen vielleicht nicht auf jeden Beitrag antworten kann).
[stextbox id=“info“ color=“c03fb8″ ccolor=“d8bfd8″ bcolor=“000000″ bgcolor=“ffffff“ cbgcolor=“ffffff“ bgcolorto=“ffffff“ cbgcolorto=“ffffff“]Dieser Artikel wurde bereits [wpp_count] mal gelesen[/stextbox]
Schreibe einen Kommentar