Zehntausenden Charismatikern, aber auch Evangelikalen in Deutschland sind „die superklaren Botschaften“, von Bayless Conley „ein großer Segen“. Bekannt ist der US-Pastor vor allem durch die Übertragung seiner Botschaften im TV-Sender „Das Vierte“, samstags und sonntags von 9.00 bis 9.30 Uhr.
Conley ist wohl der beliebteste Fernsehpastor in Deutschland. So kamen am Freitagabend, dem 15.10.2010, fast 1.200 Besucher zur pfingstkirchlichen Christus-Gemeinde Wuppertal (CGW), deren Saal bei 800 Sitzplätzen total überfüllt war. Über 200 konnten noch im Jugendraum einer Videoübertragung beiwohnen. Doch cirka 200 Besucher hatten keinen Einlass mehr gefunden, es herrschte Verkehrschaos, Autos wurden abgeschleppt. Ein Ordner berichtete hinterher, dass er eine Frau wegen Überfüllung nicht mehr reinlassen konnte. Diese erklärte ihm verzweifelt: „Sie verbauen mir jetzt den Weg zu Jesus!“ Soweit kann es also kommen, wenn mit „Bayless Conley Live in Wuppertal“ sozusagen ein Starprediger angekündigt wird.
Bayless Conley warb zu Beginn für fünf seiner eigenen Bücher und hielt eine lange „Kollektenpredigt“. Hier wurde bereits deutlich, mit welchen psychologischen Druckmitteln er seine Zuhörer gefangen nimmt. Einige Lehren sind aus der Wort-des-Glaubens-Bewegung mit ihrem umstrittenen Wohlstandsevangelium bekannt. Conley streift immer wieder Bibelstellen nur kurz, um dann eigene Erfahrungen, Zeugnisse und unterhaltsame Geschichten zu erzählen. Bei all dem wirkt er sympathisch und nie langweilig. Fast 150 Besucher folgten „dem Ruf nach vorne“. Diesen freundlichen und einfühlsamen Ruf trifft man nach Conleys Botschaften häufiger an. Positiv zu erwähnen ist, dass er auch schon mal biblische Themen nüchtern und sachlich entfaltet wie zum Beispiel die Gnade Gottes. Doch leider fehlt bei seinen Aufrufen ein wirklich Bußruf, umzukehren. Conley wirbt zwar mit Jesus als Herrn und Erlöser; die Zuhörer erfahren jedoch nicht, wovon sie konkret erlöst und errettet werden. Sie werden nicht mit ihrem Verlorensein konfrontiert. Dass sie aufgrund ihrer Sünde zunächst unter Gottes Zorn und seinem gerechten Gerichtsurteil stehen und die Verdamnis verdient haben, hören sie ebenso wenig, wie ein klares „Kosten überschlagen“ zu einer konsequenten Hingabe, Jüngerschaft und Nachfolge Jesu. Man scheint sein altes Leben nicht aufgeben zu müssen, sondern erhält durch “Übergabegebet” (?) lediglich einen Lebenshelfer, der Segen, Erfüllung und Wohlstand schenkt. Dass es wirklich um ewigen Tod oder Leben, Hölle oder Himmel geht, bleibt leider außen vor.
Nach so etwas ähnlichem wie einem „Übergabe-Gebet“ hatte Conley in Wuppertal mit den Besuchern noch etwas Besonderes vor: „Jesus sagt: ‚Bittet und ihr werdet empfangen!‘ … Petrus sagt: ‚Werfet eure Sorgen auf ihn!‘ Wir sollen also buchstäblich unsere Sorgen und Lasten auf Gott werfen. Und wir werden das durch unsere äußerliche Haltung darstellen, was in unserem Herzen passiert. … Eheprobleme, körperliche Krankheiten, deine wirtschaftliche Situation, ein Problem auf deiner Arbeit … Was immer es sein mag, was dir die Lebensqualität geraubt hat, die Gott dir geben möchte, wir werden es ihm geben. Manchmal hat Gott in der Bibel Menschen gebeten, Dinge im Äußeren und Sichtbaren zu tun, die dem Glauben in ihrem Herzen Ausdruck verleihen. … Und ich möchte, dass ihr einfach eure Hände so vor euch öffnet (wie eine Schale). Und stell dir ein Problem vor, wie es da in deiner Hand sitzt. Deine Last ist dort in deiner Hand. Wenn wir bis Drei zählen, werden wir es einfach zum Herrn hinwerfen. Und Gott wird es nehmen. Wir werden bis Drei zählen – Bist du bereit? Es ist kein Zufall, dass du hier bist heute Abend. … Nun, mach dich bereit: EINS … Stell dir das Problem vor, wie es jetzt in deiner Hand ist. ZWEI – Mach dich bereit darauf, wenn wir es zu Gott werfen, er wird es dann von uns wegnehmen. Seid ihr soweit? DREI!
(Wuuusch!) Danke, Herr!“ Unter Geschrei, Jubel und tosendem Beifall wirft die Menge all ihre Probleme nach oben und ist aufgrund der suggestiven Art von Bayless Conley überzeugt: Alle Probleme sind weg. So einfach ist das! Wie bei eBay: 3-2-1-Meins!
Ich muss zugeben, dass ich noch nie so eine spannungsgeladene und bei einigen Beteiligten bestimmt auch Herzklopfen verursachende Verkündigung erlebt habe; wenn man es überhaupt Verkündigung nennen kann. „Man spürt an den Botschaften, dass sie vom Heiligen Geist inspiriert sind.“, heißt es auf der deutschen Internetseite von Bayless Conley. Ich selber habe gespürt, dass er bei Norman Vincent Peale, dem Vater des „Positiven Denkens“, gut gelernt hat, wie man Gottes Wort als Zauberformel ge- bzw. missbrauchen kann.
Übrigens: Ich war mit einem Freund anwesend, der bisher die TV-Übertragungen gerne gesehen hat. Auf der Heimfahrt war er jedoch von Bayless Conley’s Treiben restlos kuriert.
Am 05.06.2012 war Conley erneut „Live in Wuppertal“. Diesmal fanden sich nur noch gut ein Drittel Besucher in der CGW ein. Ich war wieder mit einem Freund anwesend. Conley begrüßte mich freundlich mit Handschlag. Ich bat ihn, das Wort zu predigen. Er bestätigte, dies tun zu wollen, was aber aufgrund von wenig Auslegung des Textes nicht wirklich gelang. Der Abend war diesmal nicht so spektakulär wie davor, jedoch blieb ein klarer Bußruf erneut aus. Stattdessen bot er an, öffentlich für Krankenheilung zu beten, was auf seinen charismatischen Hintergrund schliessen liess. In Deutschland wurde er ausschließlich von pfingstlich-charismatischen Gemeinden eingeladen. Conley leitet die „Cottonwood Church“ in Los Alamitos im US-Bundesstaat Kalifornien. Die Gemeinde versteht sich als „nichtdenominationell“, integriert aber mit Lobpreis-Band, Krankenheilung usw. charismatische Praktiken. In Wuppertal rutschte ein Mann auf der Bühne auf Knien ehrfürchtig direkt vor Bayless Conley. Seine TV Sendungen werden weltweit in über 100 Nationen ausgestrahlt. Und nun ist der Starprediger „Live in Wuppertal“. Die Erwartungshaltung ist immens.
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