Das Ärgernis erwählt!
Das griechische Wort von Johannes 16,2 („Sie werden euch in den Bann tun“) heißt: Sie werden euch von ihren Versammlungen, Synagogen, von ihren Zusammenkünften, von ihrer Weisheit ausschließen. Das ist schwerer als der Tod. Der Tod ist ein einmaliges Ereignis und allen sicher, aber jeden Tag von neuem sterben zu müssen, aus den Reihen der Lebensberechtigten getilgt sein sowie als ungebildet abgestempelt zu werden, und das Mitleid erfahren müssen, das greift an Mut und Ernst des Mannes. Sie werden euch aus ihren Reihen ausschließen. Das muss man tragen und tragen lernen – aber man muss es als Schmerz tragen.
Es tut uns alles weh, was die „geistvolle“ und „liebenswürdige“ Welt gegen uns tut. Christen sind nicht stumpfsinnig, sondern sie haben ein zartes und ausgeprägtes Gefühl – und sie wollen es; denn sie haben das Ärgernis erwählt.
Nötige Trennung
„Es kommt aber die Zeit, dass wer euch tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst daran.“
Ich möchte jetzt nicht über die Christenverfolgungen reden und will auch nicht von der Verfolgung unserer Väter sprechen. Ich frage dich: Wenn du einer Kirche angehören willst, die sich nicht täglich mit ihrem HERRN in den Tod geben kann, dann trenne dich von der lutherischen!
Wenn du nicht den Mut hast, dich einer Gemeinschaft anzuschließen, die täglich als nicht existenzberechtigt angesehen wird, dann brich mit der Vergangenheit deiner Väter. Es kommt die Zeit, dass man ein wahres, feines, edles Christentum nur dadurch herzustellen meint, dass man die dumpfe alte Gläubigkeit aus den Domen, Schulen und Häusern verbannen wird in bester Meinung. Ich bin der Überzeugung, dass die beste Meinung vorherrscht. Das halte ich fest, nicht mir zum Trost, sondern zum Schreck. Ich glaube, dass die ganze moderne Bewegung von edelsten Motiven getragen wird, aber dadurch darf sie mir nun nicht sympathischer sein; denn ich habe nicht zu fragen, was mir lieb ist, sondern was mir geboten ist.
Die Gnade
Die Gnade hat ein heiliges, langes, seliges Gestern; die Gnade hat auch ein freundliches, ernstliches Heute; aber die Gnade hat auch ein gewaltiges, entscheidendes und scheidendes Morgen.
Autor: Hermann Bezzel (1861 - 1917)
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