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Der Soldat und das Neue Testament

Als ich irgendwo auf einer Außenstation diente, kamen jeden Abend Soldaten zur Versammlung. Eines Tages sagte einer unter ihnen — es war ein ganz junger:
„Ich möchte gerne ein Neues Testament haben. Ich möchte lesen lernen und mehr vom HERRN JESUS hören.“
Gerne gab ihm der Prediger ein Neues Testament, und der Soldat ging frohgemut nach Hause. Wir freuten uns, dass er gehört hatte, dass JESUS auch sein ERLÖSER sei. Am nächsten Tag kam der junge Soldat zu uns und sagte:
„Hier ist das Neue Testament, ich möchte es wieder zurückgeben.“
Ganz erstaunt fragten wir:
„Warum willst du denn das Testament wieder zurückgeben?“
„Ich bin noch zu jung. Ich will mich bekehren, wenn ich alt bin“,
antwortete er.
Ganz ernst erwiderte der Prediger:
„Du weißt ja gar nicht, ob du alt wirst. Wo liegt der Grund, dass du es wieder zurückgeben willst?“
„Ich nicht mehr haben. Bitte, nimm es zurück.“
Dazu traten ihm fast die Tränen in die Augen. Der Prediger wollte es nicht nehmen und sagte:
„Du hast dich doch so gefreut, das Testament zu erhalten. Du willst doch mehr von Jesus hören, um ihm von Herzen nachfolgen zu lernen; dann kann ich doch das Testament nicht wieder zurücknehmen.“
Der junge Soldat wiederholte nochmals
„Bitte, nimm’s zurück, ich kann den Spott meiner Kameraden nicht ertragen.“
Dieser Aussage entnahmen wir, dass die Kameraden, die auch zur Versammlung kamen, ihm sehr zugesetzt hatten. Da er noch kein Christ war, konnte er diesen Spott nicht ertragen und wollte das Büchlein rasch wieder loswerden. Nochmals rief ihm der Prediger in Erinnerung, dass er nicht wisse, ob er alt werde, er könne ja heute schon sterben, wenn es GOTT so beschlossen habe. Der Soldat war aber froh, dass er das Neue Testament nicht mehr mit sich zu nehmen brauchte. Das andere bekümmerte ihn wenig. In diesem Moment trat der Offizier der Truppe ein. Er hatte einen Teil des Gesprächs mitangehört und sagte zum Prediger:
„Bitte, gib mir das Neue Testament. Ich möchte es haben und möchte von Jesus lernen.“
Er nahm es dankend entgegen, und dann gingen Offizier und Soldat heim. Am Abend war wieder Versammlung, zu der die Soldaten wieder erschienen. Auch der Offizier war zugegen und hörte gespannt zu. Mitten in der Versammlung hörten wir plötzlich Posaunenstöße. Der Offizier und die Soldaten sprangen auf und eilten weg. Wir standen auch auf und schauten nach, was das zu bedeuten hätte, dann hieß es: „Die Räuber kommen!“ Die Soldaten hatten den Auftrag, den Ort zu verteidigen und die Räuber zu verfolgen und zu schlagen. Das gab eine furchtbare Nacht. Wir beteten und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Wenn die Soldaten von den Räubern in die Flucht geschlagen würden, dann würden sich die Räuber bestimmt furchtbar rächen an dem Ort. Von anderen Überfällen der Räuber wusste man ja zur Genüge, welch grausame Mittel diese herzlosen Menschen anzuwenden pflegten. An vielen Orten wurden die Häuser geplündert, die Leute gefangen weggeführt und ganze Dörfer niedergebrannt. Man kann verstehen, dass in dieser Nacht nicht viele Leute schliefen. Es herrschte gespannte Stille im Dorf. Nichts regte sich. Kein Hund muckste sich, auch wenn sie doch sonst ganze Nächte durch bellten. Ich fand auch keinen Schlaf, aber nicht in erster Linie aus Furcht vor der drohenden Gefahr, sondern vielmehr, weil ich an den jungen Soldaten denken musste, der ausgerechnet an diesem Tag das Neue Testament zurückgegeben hatte. Dazu stand mir auch der Offizier immer wieder vor Augen. Ich war innerlich getrieben, fest für die beiden zu beten. Die Räuber kamen nicht, aber auch von den Soldaten hörte man nichts. Ganz früh am nächsten Morgen — es war noch Dämmerung — ging ich auf die Straße und dachte: „Nun will ich warten, bis irgendjemand kommt.“ Ich hoffte, dass der erste Mensch, der mir begegnen würde, mir auch Bericht geben könnte über das, was vorgefallen war in der Nacht; denn soviel war mir klar; wären die Soldaten geschlagen worden, dann wären die Räuber ins Dorf gedrungen. So stand ich auf einem Stein an der Straße und blickte angestrengt in die Ferne, ob ich nicht jemanden kommen sähe.
Als es Morgen wurde, sah ich ganz weit weg eine Gruppe Menschen daherkommen. Als sie etwas näher waren, konnte ich sehen, dass es Männer waren, die eine Bahre trugen. Ich betete und schrie zu GOTT für den, der auf der Bahre lag und war innerlich ganz erregt. Ich betete:
„Herr JESUS, sag mir, wer ist es, der auf der Bahre liegt? Lebt er noch, oder ist er schon tot? Erbarme dich über ihn.“
Als die Träger schon ganz nahe waren, entdeckte ich, dass das Gesicht des auf der Bahre Liegenden aufgedeckt war; infolgedessen musste er noch am Leben sein. Als ich sah, dass das Leintuch, womit sein schrecklich verwundeter Körper teilweise bedeckt war, ganz rot durchtränkt war von Blut, schrie ich laut auf:
„Ach HERR, erbarme DICH seiner!“
Wer war der zum Tod Geweihte, der mir da zu Füßen vorbeigetragen wurde? Ich konnte es kaum fassen; ich musste mich festhalten, damit ich nicht vom Stein fiel. Es war der junge Soldat. In diesem Moment hörte ich die Worte wieder in meinen Ohren klingen:
„Ich bin zu jung; ich will mich bekehren, wenn ich alt bin.“
Er musste meinen Gebetsschrei vernommen haben, denn er richtete seine brechenden Augen aus dem schmerzverzerrten Gesicht auf mich und sah mich tieftraurig an. Nochmals rief ich so laut, dass er es hören musste:
„HERR JESUS, erbarme DICH und hilf ihm!“
Ich hoffe nur, dass er noch Gelegenheit fand, selbst den Namen JESUS anzurufen. Ganz betrübt ging ich nach Hause und musste meinem schmerzerfüllten Herzen Luft machen, weinte und bat inbrünstig um die Seele des jungen Soldaten. Als ich nach ein paar Stunden wieder auf die Straße ging, sah ich auf dem Platz zu meinem Entsetzen einen Sarg stehen. Sofort fragte ich die herumstehenden Soldaten: „Wer ist denn da gestorben?“ — Ganz unbeteiligt gaben sie zur Antwort: „Kannst selber nachschauen.“ Als der Sargdeckel abgenommen wurde, lag der junge Soldat vor mir. Unwillkürlich musste ich an einen Vers denken, den wir in der Heimat als Kinder oft gesungen hatten:
„Gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen; morgen in das kühle Grab.“
Der junge Soldat, der sich am vorangehenden Tag noch zu jung geglaubt hatte, JESUS anzunehmen, wurde noch am selben Tag ins Grab gelegt. Der Schmerz, den ich dabei empfand, kann nicht in Worte gefasst werden. Dazu schaute ich immer nach dem Offizier aus. Ich betete für ihn und traute es meinem HERRN zu, dass ER SICH an ihm verherrlicht hatte. Am Abend war wieder Versammlung. Die Soldaten, die so gespottet hatten, kamen auch wieder; aber der Offizier war nicht dabei. Mein Herz musste im stillen Weinen, und immer wieder rief ich zum HERRN und sagte:
„Ach lieber HEILAND, bitte gib mir Antwort und sag mir, wo der Offizier ist. Wie geht es ihm?“
Der Prediger hatte die Versammlung schon angefangen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und der Offizier hereinstürmte. Er sah ganz aufgeregt aus und eilte, das Neue Testament in der Rechten haltend, nach vorn und fragte den Prediger, ob er nicht ein Zeugnis geben dürfe. „Ja, gerne“, antwortete dieser. Da stand er nun vor der Versammlung, ganz erschüttert und noch unter dem Eindruck der letzten Geschehnisse.
„Ihr wisst ja alle, was sich gestern Abend zugetragen hat. Wir wurden alarmiert, um die Räuber zu bekämpfen. Leider hat uns eine Frau verraten, indem sie die Räuber in ihr Haus eintreten ließ. Es war furchtbar schwer, das Haus zu stürmen, da die Eingänge verrammelt und die Räuber bereit waren, ihr Leben bis aufs äußerste zu verteidigen. Als Offizier musste ich vorangehen und habe die Tür aufgebrochen. Kaum aber, dass die Tür auch nur eine Spalte geöffnet war, spürte ich schon einen Gewehrlauf auf meiner Brust, gerade da, wo ich das Neue Testament hatte. Und nun ging alles blitzschnell. Ich rief zum ersten Mal in meinem Leben zu dem lebendigen GOTT: ‚O GOTT, hilf mir!‘ Und was geschah? Der Schuss ging nicht los. Sofort legte der Räuber noch einmal an der gleichen Stelle an und versuchte wieder, einen Schuss abzufeuern, aber der ging auch nicht los. Bevor ich ihn überwältigen konnte, hat er noch einen dritten und letzten Versuch gemacht, auf mich zu feuern und legte mir den Lauf wunderbarerweise wieder aufs Neue Testament. Nochmals schrie ich zu dem GOTT des Himmels, ER solle SICH meiner erbarmen, und auch diesmal ging der Schuss nicht los. Dann gewann ich die Oberhand. Nun aber stürzten die Räuber wie wilde Löwen aus dem Haus und stürmten auf die Soldaten los und verwundeten, wen sie konnten. So wurde auch der junge Soldat, der leider heute schon gestorben ist, schwer verletzt.“
Dann fuhr er fort, indem er das Neue Testament in seiner Hand emporhielt:
„Das Buch, das ich in der Hand habe, hat letzte Nacht mein Leben gerettet. Es ist das Buch des lebendigen GOTTES. Ich glaube an diesen GOTT, denn ER ist mir begegnet und hat mein Leben gerettet. Ich möchte euch allen sagen: Lasst euch ein Neues Testament geben und glaubt an diesen GOTT, DER mein Leben gerettet hat.“
JESUS hat SEINEN Segen auf dieses ernste und packende Zeugnis gelegt. Die Dorfleute und Soldaten waren sehr ergriffen. Wir hielten nachfolgend eine Dankesstunde und priesen unseren hochgelobten HERRN, DER SICH so mächtig offenbart hatte.
„O HERR, DU bist wunderbar in all DEINEM Tun und hilfst den Elenden herrlich. Gelobt seist DU in Ewigkeit!“
Aus: Seiler, Elisabeth: Tut SEINE Wunder kund, 12. Auflage (Verlag der Liebenzeller Mission) 01.01.1992
Zur Autorin:
Elisabeth Seiler (* 31. Dezember 1889 in Stuttgart; † 3. Mai 1974 in Bad Liebenzell) war eine deutsche Missionsschwester, über 20 Jahre Missionarin in China und Autorin.
Leben und Wirken

Elisabeth Seiler verspürte bereits mit neun Jahren den brennenden Wunsch, in die Missionsarbeit zu gehen. Sie las begeistert die Biografie von Georg Müller, dem „Waisenvater von Bristol“. Als Siebzehnjährige fand sie zum Glauben. In diesem Jahr verstarb ihre sieben Jahre jüngere Schwester und wenig später ihre Mutter. Im Oktober 1916 trat sie in die Schwesternschaft der Liebenzeller Mission ein. Nach Abschluss der Bibelschule verbrachte sie von 1919 bis 1923 ein Gemeindepraktikum in der Evangelischen Kapellengemeinde in der Heidelberger Altstadt. Im Dezember 1923 konnte sie nach China ausreisen. Dort angekommen lernte sie in Yangshuo zunächst die chinesische Sprache. Von dort reiste sie weiter nach Yuanchow, in der Provinz Hunan, wo sie in einem Waisenhaus, das 260 Jungen beherbergte und an einer Mädchenschule mit bis zu 50 Schülern mitarbeitete.[1] 1931 konnte sie ihren Urlaub in der Heimat verbringen, von dem sie 1932 wieder zurückkehrte. 1941 befand sie sich auf dem Weg in den zweiten Heimataufenthalt schon an der chinesisch-russischen Grenze, als durch den Kriegsausbruch eine Weiterreise über Russland nicht mehr möglich war. Sie konnte jedoch überbrückungsweise in Tsingtau arbeiten und 1946 die Reise fortsetzen. Nach ihrer Ankunft in Deutschland begann eine ausgedehnte Vortragstätigkeit über ihre Reise- und Diensterlebnisse, die sie bis nach Österreich und in die Schweiz führte.

Ihre Diensterlebnisse der Jahre 1923 bis 1951 hat sie in drei Büchern unter Erlebnisse einer China-Missionarin veröffentlicht, die Erich Mauerhofer aus von ihr dazu aufgezeichneten Tonbandaufnahmen verfasste.

Elisabeth Seiler wohnte zuletzt in Unteröwisheim, bevor sie 1964 ihren Ruhestand im Altenheim ihrer Schwesternschaft in Bad Liebenzell antrat.

Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist und was JaHWeH von dir fordert: Was anders als Recht tun, Liebe üben und demütig wandeln mit deinem GOTT? (Micha 6, 8)

Ein sehr eindrucksstarke Geschichte! Danke

Ja, es gibt ein zuspät, manchmal für junge Menschen, schneller als es zu erwarten wäre, leider auch für viele ältere Menschen, die sich nicht mit der entscheidenden Frage beschäftigen wollen, bzw. auch einfach einer gefährlichen Irrlehre folgen. Die Katholische Kirche gehört auch dazu, wo die Gläubigen davon ausgehen, wenn sie getauft sind, dann ist alles in Ordnung, was für ein Trugschluss.

 

L.G. Martin

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Roland