Der Titel dieses Artikels klingt vielleicht etwas fremd; jeder weiß doch, dass der Herr Jesus am 25. Dezember geboren ist? Das ist jedoch überhaupt nicht so selbstverständlich. Die Bibel sagt es jedenfalls nicht. Es ist sogar sehr unwahrscheinlich, dass Christus am 25. Dezember geboren worden ist, wenn man allein die Tatsache bedenkt, dass in der Geburtsnacht die Schafe noch draußen auf dem Feld waren (Lk 2,8). Wir wissen, dass im alten Israel die Schafe von November bis März im Stall gehalten wurden. Der Winter ist übrigens auch eine unmögliche Zeit für das Ausschreiben einer Volkszählung, so wie Kaiser Augustus es tat (Lk 2,1). Es sind Hinweise darauf bekannt, dass solche Zählungen in Israel vorzugsweise durchgeführt wurden, wenn die meisten Männer sowieso in Jerusalem waren anlässlich eines der drei Wallfahrtsfeste: Passah-, Pfingst- oder Laubhüttenfest.
Der einzig wirkliche Grund, dass Weihnachten am 25. Dezember gefeiert wird — und das erst seit dem 4. Jahrhundert n.Chr. —, ist, dass ungefähr rund um dieses Datum heidnische Mitwinterfeste gefeiert wurden, so wie im alten Rom das Natalis Invicti (solis) ([Wieder-]Geburt der unüberwindbaren [Sonne]: das Wieder-länger-Werden der Tage, nach dem kürzesten Tag des Jahres). Man hat dieses Datum auch in Zusammenhang mit der Geburt der ägyptischen Göttin Isis gebracht, mit heidnischen Mondfesten und mit der indo-iranischen Gottheit Mithra(s). Bis heute weisen noch allerlei Weihnachtsgebräuche auf diesen heidnischen Ursprung dieses Festes hin.
Laubhüttenfest
Könnte eine andere Zeit des Jahres zu nennen sein, die viel mehr als Zeit der Geburt Jesu in Frage kommen könnte? Ja, wir wollen einmal folgende Punkte beachten:
Der Priester Zacharias diente im Tempel gemäß seiner Abteilung; das war die von Abia (Lk 1,5). Nach 1. Chronika 24,10 war diese die achte der vierundzwanzig Priesterabteilungen. Alle diese Abteilungen kamen im Lauf des Gottesdienstjahres an die Reihe: jede Abteilung somit etwas mehr als zwei Wochen. Das Gottesdienstjahr beginnt mit dem Frühlingsmonat, sagen wir durchschnittlich ungefähr um den 1. April. Das bedeutet, dass Zacharias Ende Juli mit seiner Priesterarbeit fertig war. Die Zeugung von Johannes dem Täufer fand somit irgendwann Anfang August statt (Lk 1,23-24) und die Zeugung von Jesus fünf bis sechs Monate später (V. 26), sagen wir ungefähr Mitte Januar. Neun Monate später wurde Jesus geboren, sagen wir Mitte Oktober. Das fällt ungefähr auf die Zeit des Laubhüttenfestes (hebr. soekkot; Singular:soekkah = „Laubhütte“). Wenn das wahr ist, wird uns das helfen zu begreifen, warum gerade dann eine Volkszählung durchgeführt wurde und warum das Gebiet um Jerusalem so voll war; die Herberge in Bethlehem, das nur zehn km von Jerusalem entfernt liegt, war überbelegt. Das Laubhüttenfest war von den drei Pilgerfesten am meisten geeignet, um eine Volkszählung zu organisieren, weil dann die ganze Ernte eingefahren war und die Leute nicht länger an die Landarbeit gebunden waren.
In einer Hütte gekommen
Wenn der Herr Jesus tatsächlich während des Laubhüttenfestes geboren worden ist, erscheint Johannes 1,14 in einem ganz besonderen Licht:
[ads_custom_box title=“Johannes 1, 14″ color_border=“#e87e04″]Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut.[/ads_custom_box]
„Wohnen“ ist hier buchstäblich „Wohnen in einem Zelt„“ (gr. skènè); in Christus ist das „Zelt“ Gottes auf die Erde gekommen, in welchem die „Herrlichkeit“ (hebr. kavod oder sj’echinah) Gottes wohnt. „Zelt“ kann auch „(Laub-)Hütte“ bedeuten; das griechische Wort für „Laubhüttenfest“ in Johannes 7,2 ist skènopègia, das bedeutet wörtlich: „Aufschlagen von Zelten“. Als Petrus auf dem Berg der Verklärung drei „Hütten“ bauen wollte (Mt 17,4), meinte er zweifellos Laubhütten; wo hätte er auch Zelttuch herholen sollen? Als er den Sohn des Menschen in Seiner „königlichen Würde“ (Mt 16,28) kommen sah, meinte er, dass das messianische Reich angebrochen war, was die große Erfüllung des Laubhüttenfestes sein würde.
Wenn wir daran denken, dass Israel während der Wüstenreise in Zelten gewohnt hatte (Lk 23,43), ist es von besonderer Bedeutung zu bedenken, dass auch der HERR, Gott, sinnbildlich gesprochen in dieser Zeit bei Seinem Volk in einem Zelt gewohnt hat, dem Zelt der Zusammenkunft. Im Englischen heißt das Laubhüttenfest Feast of Tabernacles. Das griechische Wort für tabernacle ist skènè (Heb 8,2.5; 9,2-3.6.8.11.21; 13,10; vgl. das „Zelt [skènè] des Zeugnisses“; Apg 7,44). Das ist, wie gesagt, das normale Wort für „Zelt“, aber auch für die „Laubhütten“, in welchen Israel während des Laubhüttenfestes wohnt. Mit anderen Worten, Johannes 1,14 berichtet uns, dass Christus unter uns gewohnt hat wie in einem Zelt, einem Tabernakel, einemsoekkah, so wie Gott während der Wüstenreise bei Seinem Volk.
Das erinnert uns an Propheten:
[ads_custom_box title=“Amos 9, 11″ color_border=“#e87e04″]An jenem Tage richte ich die verfallene Hütte (soekkah) Davids auf;[/ads_custom_box]
in dem Zitat in Apostelgeschichte 15,16 steht: „Zelt (skènè) Davids“. Wenn es richtig ist, dass Christus während des Laubhüttenfestes geboren wurde, ist Johannes 1,14 etwas sehr Besonderes: In Ihm ist Gott Selbst wie in einem soekkah unter uns wohnen gekommen. Gleichzeitig weist das auch voraus auf die Vollendung, wenn Gott Sein soekkah über die Seinen ausbreiten wird; ja, von der neuen Erde wird gesagt: „… die soekkah Gottes ist bei den Menschen und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott“ (Offb 7,15; 21,3; beide Male steht im Griechischen skènè). Schon während der Wüstenreise war der Herr so „solidarisch“ mit Seinem Volk, dass Er Selbst gleichsam in einem soekkah bei ihnen wohnte, in der sichtbaren Gestalt der Wolken- und Feuersäule. Im Friedensreich wird diese Situation auf eine besondere Weise wieder eintreten:
[ads_custom_box title=“Jesaja 4, 5.6″ color_border=“#e87e04″]Dann wird der HERR über der ganzen Stätte des Berges Zion und über seinen Versammlungen eine Wolke schaffen bei Tag und Rauch sowie Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht; denn über der ganzen Herrlichkeit wird ein Schutzdach sein. Und ein Laubdach (eine Laubhütte [soekkah]) wird zum Schatten dienen bei Tag vor der Hitze, und als Zuflucht und Obdach vor Wolkenbruch und Regen[/ads_custom_box]
Große Freude
Noch eine kleine Ergänzung. Unter den Hochzeiten Israels ist vor allem dieses Laubhüttenfest ein äußerst fröhliches Fest mit Musik und Tanz, erlesenen Weinen und Speisen (vgl. Jes 25,6); es ist wahrhaftig dasz’man simchatènoe, wie es im Hebräischen heißt: „die Zeit unserer Freude“. Der Herr gebot:
[ads_custom_box title=“Lukas 2, 10.11″ color_border=“#e87e04″]Ihr sollt euch vor dem HERRN, eurem Gott sieben Tage freuen“ (3Mo 23,40; s.a. 5Mo 16,13-15; Neh 8,18). Wenn der Herr Jesus tatsächlich während des Laubhüttenfestes geboren wurde, ist es etwas Besonderes, die Worte des Engels zu vernehmen: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird. Denn euch ist heute ein Retter geboren, der ist Christus, der Herr, in Davids Stadt[/ads_custom_box]
aus Bode, Jahrgang 143, Nr. 12/2000; erschienen in TABOR — Hilfen für den Glauben im Alltag; Übersetzung: Jochen Timmerbeil
Bildnachweis:
Das verwendete Beitragsbild steht unter folgender Lizenz: „Creative Commons Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz“
Herzlichen Dank an Praise Poster
Schreibe einen Kommentar