GOTTES Wort hören & bewahren 2Eigentlich ist das Internet-Forum „Jesus.de“ eine prima Sache. Im Internet wird ein Forum geschaffen, in dem man sich per elektronische Briefchen mit anderen Schreibern über christliche Themen austauschen kann. Als Absender erscheint nicht der Original-Name, sondern ein Phantasie-Name, z. B. „Minimaus“. Jeder darf kostenlos Mitglied bei „Jesus.de“ werden, ob er nun Christ, Moslem oder Satanist ist. Voraussetzung für die Teilnahme ist allerdings, dass man bestimmte Regeln beachtet. Diese sind zusammengefasst in einer „Charta“ und im „Kleingedruckten“, den Nutzungsbestimmungen. Darin ist z. B. zu lesen, dass Beiträge nicht vulgär, obszön, belästigend, verleumderisch oder gotteslästerlich sein dürfen. Wer diese Regeln akzeptiert, hat fortan über seinen E-Mail-Anschluss Zutritt zu Jesus.de und kann seine E-Mail-Briefe „posten“. Posten bedeutet, diese E-Mail-Post wird unter einem Thema veröffentlicht und jedes „Jesus.de“-Mitglied kann mit Reaktionen darauf antworten, die auch wieder sofort veröffentlicht werden. „Jesus.de“ hat mittlerweile über 70 000 eingeschriebene Teilnehmer, die pro Tag bis zu 1800 Beiträge schicken. Diese können auch von Nichtmitgliedern – somit von jedem Internet-Nutzer – theoretisch, mitgelesen werden. Pro Monat kommen so eine halbe Million Zugriffe zustande, was „Jesus.de“ zum weltweit größten christlichen Internet-Forum macht. Die sechs Redakteure, die „Jesus.de“ betreuen, werden vom Bundes-Verlag (Witten) bezahlt, hinter dem der „Bund Freier ev. Gemeinden“ (FeG) steht. Doch bei der gigantischen Flut von Briefen reichen diese sechs Leute nicht aus, um alle E-Mails durchzusehen, ob sie den Regeln entsprechen. Es werden Hunderte von Themen gleichzeitig diskutiert, und sie reichen von „Rauchen verursacht Impotenz“ bis hin zu theologischen Themen wie „Allversöhnung“. Den „Jesus.de“-Redakteuren stehen deshalb 40 ehrenamtliche Moderatoren zur Seite, die – aus verschiedenen konfessionellen Lagern kommend – die Aufgabe haben , die E-Mail-Post nach den Charta-Regeln zu kontrollieren. Nach ihrem Ermessen können sie bei Fehlverhalten „Gelbe-Karten“- Warnungen verteilen, Beiträge löschen und als letztes Mittel Ausschlüsse einleiten.

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass bei manchen Themen sehr gegensätzlich und emotional diskutiert wird. In der Hitze des Argumentations-Gefechtes ist der Schlagabtausch manchmal hart, aber herzlich gemeint. Genau an dieser Stelle hat es jetzt Ärger gegeben. Etliche „Jesus.de“-Mitglieder, die bibeltreue Positionen vertraten, wurden bei „Jesus.de“ verwarnt oder flogen gar ganz raus. Ihr Vergehen: Sie hatten beispielsweise einen eingefleischten Katholiken, Deckname „KleinerFisch“, kritisiert. Der Grund: „KleinerFisch“, der ausgerechnet für den Bereich „Theologie“ auch noch als Moderator tätig war, hatte in eigenen Beiträgen die gesamte katholische Lehre dargelegt: von Marien- und Reliquienverehrung über Gebete zu Heiligen, dem Fegefeuer bis hin dazu, dass die Katholische Kirche die einzig seligmachende sei. Die bibeltreuen Christen, darunter Ex-Katholiken, argumentierten dagegen auch mit Begriffen aus der Bibel wie „lrrlehrer“ oder „lrrlehren“. Diese oft engagiert vorgetragene biblische Argumentationslinie wurde von „Jesus.de“ als Katholikenhetze eingestuft, und die Schreiber flogen raus. TOPIC liegen Unterlagen vor, dass Ähnliches bibeltreuen Schreibern auch bei Themen wie „Charismatik“ oder „Homosexualität“ widerfuhr.

Wie „Jesus.de“-Redaktionschef Rolf Krüger gegenüber TOPIC erklärte, gebe es bei „Jesus.de“ ein internes elektronisches Überwachungsprogramm, in dem „Reizwörter“ wie „Charismatik“ oder „Papst“ einprogrammiert seien, um entsprechende kritische E-Mails schnell herausfiltem zu können. Doch damit nicht genug. Nach TOPlC-Erkenntnissen existieren auch „Journale“, in denen über „Jesus.de“-Mitglieder detailliert Informationen festgehalten werden und in einigen Fällen sogar VerhaltensprofiIe erstellt wurden.

Über diese Überwachung, die an die DDR-Stasi erinnert, finden „Jesus.de“-Mitglieder in der Charta kein Wörtchen. Im Kleingedruckten steht dazu mehr. Auch wenn die Kontrolle danach „rechtens“ sein mag: Warum werden ganz spezielle Suchwörter ins Schnüffelprogramm gestellt, mit denen man eine ganz bestimmte Sorte von Kritikern herausfiltern kann? Was wird bei „Jesus.de“ alles abgespeichert und wozu? Profile von Kritikern – beispielsweise der Ökumene – sind auch über den Bundes-Verlag hinaus von Interesse. Die Politik von „Jesus.de“ scheint darauf hinauszulaufen, Christen zu einem ökumenisch-charismatisch-katholischen Toleranzdenken umerziehen zu wollen. Wer sich beharrlich dagegen auflehnt, wird überwacht und verbannt. Schöne christliche Internet-Welt, in der man die „Schere“ gleich im Kopf haben muss.

(Quelle: TOPIC Nr. 10/2003, Seite 4)
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