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Septuaginta – Fundstücke

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Ich lese täglich die Losung und den Lehrtext aus dem Herrnhuter Losungsbuch.
Wie üblich benutze ich dafür mehrere Bibelübersetzungen, das ist mir wichtig.

Vor einer Weile stammte der alttestamentliche Passus aus Hiob Kap. 2. Unter anderem wählte ich die Verdeutschung von Fridolin Stier: War überrascht zu lesen, daß die LXX [ = Septuaginta] den hilf- und trostlosen Kommentar der namenlosen Frau des Hiob, als der da in seinem Elend in der Asche sitzt, beträchtlich erweitert und somit ihrem Frust und Kummer klagend Ausdruck verleiht:

Hältst du noch fest deine Rechtschaffenheit?
Fluche Gott und stirb! (…)

Wie lange hältst du noch aus und sagst: /
Sieh, ich wart noch kurze Zeit,
 harrend der Hoffnung meines Heils?
Sieh doch, getilgt ist dein Gedächtnis von der Erde,
Söhn und Töchter, meines Lebens Wehn und Mühen, /
die ich umsonst mit Seufzern trug.

Du selber –– sitzt in Würmerfäule /
und nächtigst unter freiem Himmel.

Und ich, Landstörzerin und Taglöhnerin, /
wandre von Ort zu Ort, von Haus zu Haus,

harrend der Sonne, wann unter sie gehe,
auf daß ich Ruh hab von den Seufzern und den Schmerzen,
die jetzt mich rings umfangen.
Wohlan, sag ein Wort dem Herrn und stirb.

Harte Worte, doch verständlich – und wiederum nicht, denn sie vermag ihren Mann nicht zu trösten. Vielleicht ein Beispiel von Religiösität ohne wirkliche Beziehung zu Gott; sie schlägt sogar in die Kerbe, die Satan oben vorgibt…

Hallo Simon,

herzlichen Dank für den spannenden Text. Ich habe in der Seputaginta Deutsch 2009/2012 nachgeschaut und folgendes entdeckt:

9 Nachdem aber viel Zeit vorübergegangen war, sagte seine Frau zu ihm: Wie lange wirst du standhaft sein und sagen:
9a Siehe, ich warte noch eine kleine Zeit ab
und erwarte die Hoffnung auf meine Rettung?
9b Denn siehe, ausgelöscht ist dein Andenken von der Erde,
(die) Söhne und Töchter, Geburtsschmerzen und Beschwernisse meines Schoßes,
mit denen ich mich umsonst abgemüht habe mit Qualen.
9c Und du selbst sitzt im Moder des Gewürms
und verbringst die Nacht im Freien.
9d Und ich irre umher(a), und zwar als Tagelöhnerin,
von Ort zu Ort(b) und von Haus zu Haus,
(und) warte darauf, wann die Sonne untergehen wird,
damit ich ausruhe von den(c) Qualen und Beschwerden,
die mich jetzt umfangen.
9e Also: Sage irgendein Wort zum Herrn und stirb!


 

a) ich irre umher: RA sowie ORTH. L. ich bin eine Herumirrerin.
b) von Ort zu Ort: RA sowie ORTH. L. + ziehe ich herum.
c) den Qualen: ORTH. L. meinen Qualen.
V.9b: 2,3; 18,17; Jes 65,23; Ps 34[33],17; Spr 10,7; Tob 4,3; 4Makk 16,5ff; V.9c: 7,5; V.9d: 30,16LXX


Quelle: Martin Karrer, Martin (Hrsg.): Septuaginta Deutsch – Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung,  Stuttgart (Deutsche Bibelgesellschaft) 2009

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birnbaum
Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist und was JaHWeH von dir fordert: Was anders als Recht tun, Liebe üben und demütig wandeln mit deinem GOTT? (Micha 6, 8)

Ich habe mich immer gefragt, ob die Frau Hiobs gläubig war.

Der arme Hiob!

Ein gutes und wichtiges Buch der Bibel!

Die Rolle des Mannes in Sprüche 31, dem „Lob auf die tüchtige Hausfrau“ !

Die Septuaginta ist für Überraschungen immer gut. In Sprüche 31, dem Lastenkatalog jeder biblisch orientierten Hausfrau, braucht sich der Mann tatsächlich um nichts kümmern, außer im Tor mit anderen „Politikern“ Tagesgeschehen zu erörtern… Sogar die Schneeräumung und konkrete Warmhalteverfahren sind erklärtes weibliches Business. Diese Frau ist zu bewundern, auch betreffs der Toleranz ihrem Gatten gegenüber:

»Ihr Mann kümmert sich nicht um das im Hause, wenn er sich etwa verweilt (oder: sich irgendwo verspätet,)
denn alle bei ihr werden bekleidet
(Septuaginta Deutsch 2009, Kap. 31:21)

Um einen zweiten Textzeugen zu befragen, lese ich nach bei FBÜ– Sprüche (2018)

»Ihr Mann sorgt sich nicht um die im Haus, wann er wo verzögert;
denn alle bekleiden sich von ihr.«

In den nach der Hebraica verdeutschten Bibeln fehlt meist der Passus des sorgenfreien Mannes.

Die Schneeräumung im nämlichen Vers beschreibt der weise Agur (= Sammler) folgendermaßen (verdeutscht):

»Mit Winterschnee nimmt für ihr Hausgesinde sie es auf;
in doppelte Gewandung hüllt sie die Ihren.
«
(Paul Rießler, 1958)

Beträchtlich entschärfter, weil farbloser, erklärt die „Neues Leben Bibel – NLB“ (2014):

»Sie fürchtet den Winter nicht für ihre Familie,
denn alle haben warme Kleidung.
«

Eher auf Signalfarben im Schnee setzt die röm.-kath. EinheitsÜs 2016:

»Ihr bangt nicht für ihr Haus vor dem Schnee; /
denn ihr ganzes Haus ist in prächtigem Rot gekleidet

Ich bin mir noch nicht im Klaren darüber, ob der LXX– Passus für Männer als normativ zu betrachten ist.

Falls starker Schneefall zu erwarten ist, sollte ich vielleicht zu Hause bleiben, sonst ist mein Bibelstudium in Gefahr.

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Roland

Im Buch der Sprüche Kap. 6 wird unter der Überschrift
„Warnung vor Faulheit“
der Eifer der Ameise beschrieben und dem „Faulen“ vor Augen geführt.

Die Septuaginta beläßt es nicht bei der Ameise,
sondern führt zusätzlich die BIENE an:

»Oder gehe zur Biene und lerne, wie arbeitsam sie ist
und wie würdig sie ihre Arbeit tut;
deren Mühen Könige und Gemeine zu sich nehmen.
Obwohl sie an Leibeskraft schwach ist, wurde sie,
nachdem sie Weisheit gelernt hat, vorgeführt.« 

(Vv 9–11 nach der FBÜ 2018, grammatikalisch korrigiert)

Um einen zweiten Zeugen zu zitieren:

»Oder gehe zur Biene und lerne, wie arbeitsam sie ist,
und sie macht ihre Arbeit als eine ehrenhafte,
deren Produkte Könige und Privatleute zur Gesundheit verwenden,
willkommen ist sie für alle und erwartet;
auch wenn sie indes Kraft schwach ist,
weil sie die Weisheit achtet, hat sie es soweit gebracht.«

(Vv 8a–c, Septuaginta Deutsch, 2009)

Einen dritten Zeugen, jedoch Englisch (mangels einer weiteren  deutschen Version)

»Or go to the bee and learn what a worker she is
and how solemn she makes her work;
whose toil kings and commoners consume for health,
and it is desirable to all and glorious;
although she has feeble bodily strength,
because she honors wisdom, she is promoted.«

(Vv. 8a–c, Lexham English Septuagint LES. 2019)

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Name „Biene“.

Auf Hebräisch „Deborah“, hierin auch die Wortwurzel d–b–r, aus der „Wort“ geformt ist.
Die Biene summt, gibt also „Worte“ von sich.

Auf Griechisch heißt die Biene „Melissa“, oder auf Attisch–Griechisch „Melitta“;

Eine Zweitbedeutung von „melissa“ ist „Dichterin“ und „Priesterin“; beide sind ebenfalls dem Wort verpflichtet. –––

Als ich vor einiger Zeit vom Bienensterben in den U.S.A. und hier in Europa hörte,
konnte ich nicht anders, als einen Zusammenhang herzustellen zum Wort (Gottes),
das ebenfalls „vom Aussterben bedroht ist“…

Zu weit hergeholt? 

Übrigens: Was könnte der Schlußsatz bedeuten

»weil sie die Weisheit achtet …« ?

Roland hat auf diesen Beitrag reagiert.
Roland

Hallo Simon,

der Einschub mit der „Biene“ ist sehr interessant und passt auch gut zur „Ameise“.

„weil sie die Wahrheit achtet, hat sie es soweit gebracht.«“
(Vv 8a–c, Septuaginta Deutsch, 2009) …

Übrigens: Was könnte der Schlußsatz bedeuten
»weil sie die Wahrheit achtet …« ?“

Kann es sein, dass Du Dich verschrieben hast (Wahrheit statt Weisheit)? In der LXX Deutsch steht bei mir:

„… weil sie die Weisheit achtet, hat sie es so weit gebracht.“

Viele Grüße

Roland

birnbaum hat auf diesen Beitrag reagiert.
birnbaum
Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist und was JaHWeH von dir fordert: Was anders als Recht tun, Liebe üben und demütig wandeln mit deinem GOTT? (Micha 6, 8)

Ja, Roland, hab mich verlesen bzw. vertippt. Wenn zwei Texte Weisheit schreiben, wird der dritte kaum was anderes bedeuten.
Die Frage bleibt dennoch…
Danke fürs Aufmerken!

Roland hat auf diesen Beitrag reagiert.
Roland

Hallo Simon,

bevor ich auf Deine eigentliche Frage eingehe, wollte ich noch einige Gedanken zur „Ameise“ schreiben:

Ich denke, dass das Wort GOTTES hier das negative äußere Erscheinungsbild der Ameise ihrer enormen Effizienz (Fleiß) gegenüberstellt. Wir sollen uns ein Beispiel an der Ameise nehmen, da ihre Emsigkeit sie im Winter und in der Dürrezeit vor der Not bewahrt. Dem Faulen wird das Verhalten der Ameise als positives Vorbild dargestellt. Der Schwerpunkt liegt m. E. darin, dass durch die Emsigkeit der Ameise Vorräte angelegt werden. Für mich wird dadurch die Notwendigkeit menschlicher Voraussicht bzw. intelligente Zukunftsplanung illustriert.

Der gleiche Akzent ist aus meiner Sicht auch bei dem Beispiel mit der Biene zu finden: Sammeln von Honig ==> dadurch wird die Weisheit geehrt (siehe analog zur Ameise ==> Vorsorge für die Zeiten der Not) ==> und durch diese Weisheit ergibt sich die Stärke der Schwachen.

Maranatha
Roland

Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist und was JaHWeH von dir fordert: Was anders als Recht tun, Liebe üben und demütig wandeln mit deinem GOTT? (Micha 6, 8)

Wertvolle Gedanken zum Honig; danke dafür!

Heut früh, bei der Lektüre von Richter 6, stieß ich auf die Flamme, die „aus dem Felsen“ hervorloderte;
das erinnert mich an weitere Erscheinungen bzw. Ausflüsse „aus dem Felsen“. Somit auch der Honig.
Davon abgesehen, daß Eretz Israel dasjenige Land ist, in dem Milch und Honig fließen (2 M 3:8, 5 M. 8:8)
muß es mit dem Honig etwas Besonderes auf sich haben.
„Aus dem Felsen“ kommen Wasser (2. M 17:6 etc.), Honig (5. M. 32:13 & Ps 81:16),
dazwischen auch Öl (5 M 32.13) und schließlich die Feuerflamme (Ri 6:21).
Honig ist eine der Früchte im Gelobten Land (5 M 8:8)
Honig kommt, wenn ich richtig sehe, nur einmal im NT vor (Mat 3:4, Johannes d. T. ernährt sich von „meli agrion“).
Da Christus sinnbildlich der Fels war, der mit den Israelis wanderte 1 Kor 10:4, ist er auch der Honigspender – wenn man so wollte, nicht nur Lebenswasser, (Salb)öl und verzehrendes Feuer.
Du schriebst:
»Sammeln von Honig ==> dadurch wird die Weisheit geehrt«.
Das passt perfekt zu einem Vers in Sirach:

»Denn die Erinnerung an mich [= die Weisheit] ist süss wie Honig,
 und mein Erbe ist süsser als eine Honigwabe.« 24:20 (LXX)

Roland hat auf diesen Beitrag reagiert.
Roland

Hallo Simon,

herzlichen Dank für Deine Ausführungen zum Thema „Honig“. Ich habe mal nachgeschaut, was Bibellexika zu diesem Thema  aussagen:

Honig
I) Das hebr. Wort debasch ist in vielen Fällen aus dem Textzusammenhang heraus als Bienenhonig erkennbar (Ri14,18; 1Sam14,25f; Ps19,11; Mt3,4; Mk1,6), und es ist anzunehmen, daß die Bibel auch an den übrigen Stellen den Bienenhonig meint, wahrscheinlich noch nicht den Fruchthonig (s.u. III).
II) Der H. war in Palästina wichtig, weil er anstelle des noch unbekannten Zuckers gebraucht wurde. Man aß ihn ausgepreßt (1Kön14,3), manchmal auch mit den Waben (Ri14,9; Hld5,1). Da die Bienen vielfach in Baumhöhlen oder Felsspalten (vgl. 5Mo32,13; Ps81,17) bauen, kann der H. gelegentlich auf den Boden ausfließen (1Sam14,26ff). Öfter ist die Rede vom Honigseim (Ps19,11; Spr5,3; 24,13; 27,7; Hld4,11). Es besteht die Möglichkeit, daß es sich dabei um Wabenhonig, flüssigen H. oder wenn mit H. zusammengenannt, um den edelsten H. handelt.
III) In späterer Zeit war in Palästina auch der sog. Fruchthonig bekannt, u.a. der Traubenhonig, ganz hart eingedickter Traubensaft. Er war lange Zeit wichtiger Exportartikel, so wurden vor rund 250 Jahren jährlich noch 300 Kamellasten dieses H. nach Ägypten ausgeführt. Auch aus Datteln und den Früchten des Johannisbrotbaums wurde solcher H. gewonnen.
IV) Mit H. werden die Süße des Gotteswortes (Ps119,103; Hes3,1-3; Offb10,9), die Weisheit (Spr24,13ff), aber auch die Lippen der fremden Frau (Spr5,3) verglichen.
V) Beim -> Opfer war H. als Speisopfer nicht erlaubt, er durfte aber unter den Erstlingsgaben dargebracht werden (3Mo2,11f).

Spoiler
Quelle: Lexikon zur Bibel

 

Honig – Bibel-Lexikon

Honig war in Palästina so reichlich vorhanden, dass das Land oft als „ein Land, das von Milch und Honig fließt“ beschrieben wurde (2. Mo 3,8.17). Er symbolisiert das, was von Natur aus süß ist. Man soll mit Besonnenheit davon essen, sonst führt der Verzehr des Honigs zum Erbrechen (vgl. Spr 25,16.27). Es war streng verboten, den Feueropfern des Herrn Honig beizufügen (3. Mo 2,11). Alles Natürliche, und selbst wenn es süß ist, kann in den Opfern für Gott keinen Platz haben.

Honig. דְּבַשׁ dəvaš meint einerseits (eingedickten) Saft von Trauben, Feigen oder Datteln und andererseits Bienenhonig. Beide waren im antiken Palästina die einzigen Süßmittel. Auf Tel Rechov (Koordinaten: 1970.2070; N 32° 27′ 28“, E 35° 29′ 53“) hat man eine Fülle von Bienenstöcken gefunden, so dass Bienenzucht in Israel / Palästina ca. ab dem 10. Jh. v. Chr. belegt ist (Mazar 2007).

Nach der biblischen Überlieferung gehört auch Honig zu den guten Gaben des fruchtbaren Landes (Gen 43,13Dtn 8,82Sam 17,29); er dient als Geschenk (Ri 14,8-9) bzw. Tauschmittel (Gen 43,111Kön 14,3Ez 27,17). Honig zu essen ist „gut“ (Spr 24,13), es ist Nahrung für wohlbehütete Kinder (Jes 7,15Ez 16,13.19). Lev 2,11-12 bietet gesetzliche Bestimmungen zu Honig. Man darf ihn nicht im Feuer opfern, soll aber seine → Erstlinge darbringen (vgl. 2Chr 31,5). Die Aufforderung setzt voraus, dass mit דְּבַשׁ dəvaš ein landwirtschaftliches Produkt gemeint ist, also Sirup von Datteln etc. oder Honig aus Bienenzucht, jedenfalls kein Wildhonig. Dass es in Israel / Palästina viel „Honig“ gab, wird auch im → Aristeasbrief (112; Aristeasbrief) und bei Josephus (Bellum Judaicum 4,469; Text gr. und lat. Autoren) erwähnt.

Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist und was JaHWeH von dir fordert: Was anders als Recht tun, Liebe üben und demütig wandeln mit deinem GOTT? (Micha 6, 8)
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